China:Regime bestraft Funktionär

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Er war Sicherheitschef des Landes, gefürchtet bei Andersdenkenden - und Rivale des heutigen Parteichefs Xi. Jetzt wurde Zhou Yongkang zu lebenslanger Haft verurteilt.

Von K. Strittmatter, Peking

Ein chinesisches Gericht hat am Donnerstag den ehemaligen Chef des Sicherheitsapparats, Zhou Yongkang, wegen Bestechlichkeit, Verrats von Staatsgeheimnissen und Machtmissbrauch zu lebenslanger Haft verurteilt. Es ist ein spektakuläres Urteil in einem Prozess, der völlig unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Der 72 Jahre alte Zhou war bis 2012 als Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros einer der mächtigsten Männer des Landes, als Chef von Polizei und Staatssicherheit war er unter Andersdenkenden gleichzeitig viele Jahre der meistgefürchtete. Er ist der ranghöchste Politiker seit Gründung der Volksrepublik China 1949, dem wegen Korruption der Prozess gemacht wurde.

Zhou und seine Angehörigen hätten Bestechungsgeld in Höhe von 130 Millionen Yuan (18,6 Millionen Euro) angenommen, schrieb die Nachrichtenagentur Xinhua. Die Staatsmedien meldeten, Zhou habe das Urteil akzeptiert und lege keine Berufung ein. Mit dem Verfahren gegen ihn brach die KP-Führung unter Xi Jinping mit einer bislang geltenden unausgesprochenen Übereinkunft, wonach Ermittlungen gegen Mitglieder des höchsten Führungszirkels auch im Ruhestand tabu sind.

Die Volkszeitung versuchte am Donnerstag, den Prozess als Beweis dafür hinzustellen, dass die Antikorruptionskampagne von KP-Chef Xi Jinping auch vor den höchsten Ebenen der Macht nicht haltmache. "Keiner hat Privilegien vor der Parteidisziplin", schrieb das Parteiblatt, "egal, wie viel Macht er hat."

Allerdings ist es ein offenes Geheimnis, dass Zhou Yongkang der mächtigste Rivale von Xi Jinping war, als dieser 2012 daran ging, die Macht in Partei und Staat zu übernehmen. Offenbar versuchte Zhou vor der Machtübernahme Xis gemeinsam mit Verbündeten wie Bo Xilai, dem ehemaligen Parteichef von Chongqing, ein eigenes Machtzentrum in der KP aufzubauen. Bo Xilai war nach einem spektakulären Prozess - offiziell ebenfalls wegen Korruption - 2013 ins Gefängnis geschickt worden.

Als die Staatsanwaltschaft nun im April die Anklage gegen Zhou Yongkang verkündete, sagte sie, dessen Vergehen seien "von besonderer Schwere". Staatsmedien kündigten einen "offenen Prozess" an. Nun hieß es, um "Staatsgeheimnisse" zu schützen, habe der Prozess doch im Geheimen stattfinden müssen.

Dem Gericht zufolge beging Zhou Yongkang die ihm zur Last gelegten Verbrechen über all die Jahrzehnte hinweg, in denen er seine Macht aufbaute: Als führender Manager in Chinas staatlicher Ölindustrie, als Parteichef der Provinz Sichuan, als Polizeiminister und in den Jahren von 2007 bis 2012, als er im inneren Kreis des Politbüros einer der neun mächtigsten Männer Chinas war. Sein Portfolio war Polizei, Justiz und Staatssicherheit, unter seiner Ägide wurde der Sicherheitsapparat stark ausgebaut, am Ende überstieg das Budget für die innere Sicherheit gar das für die Landesverteidigung. Die Ermittlungen gegen Zhou waren von der neuen KP-Führung lange vorbereitet worden: Viele der in den vergangenen zwei Jahren offiziell wegen Bestechlichkeit gestürzten Funktionäre gehörten seinen Netzwerken an.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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