China:Peking entzieht Uiguren Pässe

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Die muslimische Minderheit sieht sich zunehmend diskriminiert. Nun widerfährt ihr, was schon die Tibeter erlebten: Pässe müssen zur Überprüfung zur Polizei gebracht werden - und bleiben meist dort.

Von Kai Strittmatter, Peking

In den vergangenen Jahren traf die Politik Chinas Tibeter, nun entzieht Peking auch Bewohnern der Westprovinz Xinjiang die Reisepässe. Xinjiang ist die Heimat von etwa 10 Millionen vorwiegend muslimischen Uiguren. Alle Bewohner der Region müssten ihre Pässe umgehend bei der Polizei abgeben zur "Untersuchung und Bearbeitung", schrieb die Pekinger Global Times am Donnerstag. Die China-Direktorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Sophie Richardson, nannte dies eine "kollektive Bestrafung" der muslimischen Minderheit. Der Schritt werde "in einer von hoher Spannung gekennzeichneten Region die Ressentiments gegen die Regierung noch verstärken".

Die Global Times zitierte einen Beamten in Xinjiang mit den Worten, die neue Reisepasspolitik solle helfen "die soziale Ordnung" in Xinjiang aufrechtzuerhalten. In den vergangenen Jahren waren die Spannungen in Xinjiang gewachsen zwischen den Behörden und den muslimischen Minderheiten, unter denen die Uiguren die größte sind. Die Uiguren beklagen ständig wachsende politische und religiöse Repression durch die Behörden, mehrfach kam es zu gewalttätigen Unruhen in der Provinz. Schon länger klagen viele Uiguren, dass ihnen die Ausstellung neuer Reisepässe verwehrt werde.

Der Einzug der Reisepässe läuft offenbar seit Oktober. Die Polizei der Stadt Shihezi etwa hatte Mitte Oktober in den sozialen Medien alle Bewohner aufgefordert, umgehend ihre Pässe abzugeben für eine "Jahresinspektion". Hernach sollten die Pässe nicht den Bürgern zurückgegeben, sondern bei der Polizei "aufbewahrt" werden. Theoretisch gilt die neue Regel der "Passüberprüfung" für alle Bewohner der Provinz, auch für die dort lebenden Han-Chinesen. Menschenrechtler gehen jedoch davon aus, dass sie sich vor allem gegen die muslimischen Minderheiten richtet, die mehr und mehr in den Fokus eines von Peking ausgerufenen "Anti-Terror-Kampfes" geraten.

In Tibet begann der de-facto-Passentzug für viele Tibeter schon im Jahr 2012. Damals zog die Provinzregierung alle existierende Pässe ein, angeblich im Zuge der Umrüstung auf maschinenlesbare Ausweise. Die meisten tibetischen Antragsteller warten bis heute auf neue Pässe.

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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