China:Auf freiem Fuß, aber nicht frei

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Chinesischer Menschenrechtsanwalt Pu Zhiqiang zu Bewährungsstrafe verurteilt.

Nach 19 Monaten Untersuchungshaft ist der chinesische Menschenrechtsanwalt Pu Zhiqiang wieder frei. Ein Gericht in Peking verurteilte ihn am Dienstag zwar wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Schüren ethnischen Hasses zu drei Jahren Haft, setzte die Strafe aber auf Bewährung aus. Der Schuldspruch kommt einem Berufsverbot für den 50-jährigen Juristen gleich. Er hatte auch den Künstler Ai Weiwei in seinem Steuerprozess vertreten.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und chinesische Unterstützer Pus begrüßten die Haftentlassung auf Bewährung, kritisierten aber den Schuldspruch. William Nee, China-Experte bei Amnesty, sprach von einer "groben Ungerechtigkeit". Pus Unterstützer Ren Jianyu sagte, "alles in allem ist ein unschuldiger Mann 19 Monate eingesperrt gewesen". Es bleibe ein Gefühl der Hilflosigkeit.

Pu schrieb der Nachrichtenagentur AP auf der Fahrt vom Pekinger Gefängnis Nummer 1 nach Hause, er sei wohlauf. Seine Frau Meng Qun, die ihn begleitete, ergänzte: "Es geht ihm gut, und er ist noch immer unter Überwachung. Seine Gesundheit muss sich erholen, er braucht Ruhe und Zeit, sich einzufinden."

Die Vorwürfe gegen Pu beziehen sich auf eine Reihe von Einträgen auf dem chinesischen Pendant von Twitter, Sina Weibo. Darin stellte er die Politik der Kommunistischen Partei gegen Tibeter und Uiguren infrage.

Das Gericht stufte Pus Einträge im Netz als provokativ, vulgär und aufrührerisch ein

In einem Post hatte Pu geschrieben, Peking behandele die überwiegend von Uiguren bewohnte Provinz Xinjiang wie eine Kolonie und trete wie ein Eroberer und Plünderer auf. Über eine Abgeordnete des Volkskongresses, die in sechs Jahrzehnten kein einziges Mal gegen die Partei gestimmt hat, schrieb er, sie sei entweder wirklich dumm oder stelle sich so.

Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua schieb, das Gericht habe Pus Äußerungen als provokativ und aufrührerisch eingestuft. Seine Kommentare über Vertreter des öffentlichen Lebens seien so vulgär und bösartig, dass sie die öffentliche Ordnung störten. Pu habe seine Taten zugegeben und sie vor Gericht bereut. Seine Anwälte sagten dagegen, Pu habe sich dafür entschuldigt, unhöflich gewesen zu sein. Er habe aber betont, gegen kein Gesetz verstoßen zu haben.

Seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping 2013 gehen die Behörden hart gegen Aktivisten und Bürgerrechtsanwälte vor und versuchen, die Meinungsfreiheit im Internet einzuschränken. Pu wurde im Mai 2014 festgenommen, kurz nach der Teilnahme an einem Diskussionstreffen anlässlich des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens 25 Jahre zuvor. Das Ereignis ist in China ein Tabu.

© SZ vom 23.12.2015 / AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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