Chef der Lega Nord zurückgetreten:Das Ende der Populisten

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Gegen Europa, gegen Fremde, präsentiert in rüpelhafter Sprache: Zwei Jahrzehnte lang hat Umberto Bossi mit seiner Lega Nord der italienischen Politik einen hässlichen Anstrich verliehen. Bossi ist ein Populist wie Ex-Premier Silvio Berlusconi. Dass die Ära der beiden Männer jetzt endet, ist kein Zufall.

Andrea Bachstein

Mit dumpfem Aufschlag ist Umberto Bossi vom Karren gefallen. Und der "Caroccio", jener historische Streitwagen, Symbol und Zweitname seiner Partei Lega Nord, steckt tief im Dreck. Zwei Jahrzehnte lang hat Bossi mit seiner Lega neben Silvio Berlusconi Italiens Politik geprägt und ihr dabei einen weiteren hässlichen Anstrich verliehen. Fünf Monate nach Mario Montis Amtsantritt sind nun die beiden wichtigsten Führer der rechten Parteien abgetreten, deutliche Zeichen der Umwälzung, in denen sich das Land befindet.

Zwei Jahrzehnte lang hat Umberto Bossi, Chef der Lega Nord, Italiens Politik geprägt. (Foto: AP)

Der nun explodierte Skandal um die Finanzen der Nordpartei entlarvt das von Bossi gepflegte Image, die Lega sei die Partei der anständigen Politiker, als genauso falsch wie den von ihm kultivierten Mythos vom Nordreich Padanien. Auf dieser Pseudohistorie fußte seine Idee von der Abspaltung der wohlhabenden Nord-Regionen vom verachteten, rückständigen Süden des Landes.

Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Europa-Gegnerschaft gehörten zum garstigen Repertoire der Partei genauso wie Bossis rüpelhafte Sprache. Die Trikolore tauge allenfalls als Toilettenpapier, sagte er, zur Nationalhymne reckte er den Mittelfinger, und zum Interview erschien er schon mal im Unterhemd. Der Erfolg der Lega kommt aus ihrer Volksnähe, sie greift die Sorgen der Bürger auf, ihre Politiker sind stets ansprechbar. Sie hat Bürgermeister wie den von Verona hervorgebracht, die ihre Gemeinden effizient verwalten.

Auf nationaler Ebene hatte Bossi den Pakt mit Berlusconi geschlossen, der für beide Erfolg und Untergang mitbestimmt hat. Sie sind aufgestiegen als Erneuerer nach dem Zusammenbruch des alten Parteiensystems 1994. Es war immer ein wechselvolles Verhältnis zweier konträrer Charaktere und Parteien verschiedener Interessen. In den zwei letzten Jahren hat es Italiens Regierung gelähmt und die Basis der Lega zunehmend verdrossen.

Bossi war eigentlich schon vor dem Finanzskandal am Ende. Denn in der Koalition mit Berlusconi ist die Lega letztlich gescheitert, hat keines ihrer lautstark verfolgten Ziele erreicht - vor allem nicht den Föderalismus. Den hatte sie sich auf die Fahnen geschrieben, weil sich die Abspaltung des Nordens in der nationalen Regierung nicht mehr offen vertreten ließ. Berlusconis Sturz und die Regierungsübernahme durch Monti hat die Lega endgültig in die Krise gestürzt. Mit Berlusconis PDL hat sie sofort gebrochen und sich in ihrer Totalopposition gegen Monti isoliert. Sie ist wieder geschrumpft zur Regionalpartei, seit Monaten streitet sie über Programmatik, Personal und vor allem die Führung.

Bossi, gesundheitlich schwer angeschlagen und schlecht beraten von einer kleinen Clique, glitt zunehmend das Ruder aus der Hand. Wie weit, zeigt sich nun: Bossi will nichts gewusst haben von den Machenschaften in Partei und Familie. Am Ende nun auch sein Traum einer Lega-Dynastie Bossi, denn sein in die Politik geschubster Sohn Enzo ist wesentlicher Teil des Finanzskandals.

Bossi und Berlusconi sind in politischen Ausnahmephasen fast gleichzeitig groß geworden und gefallen. Beide sind populistische Politiker, deren Parteien kulthaft um ihre Person konstruiert wurden. Sie mussten Interessengruppen bedienen und blieben programmatisch vage und schwankend, auch wenn die Lega feste padanische Pfeiler hatte. Versprechen und Handeln klafften bei beiden meilenweit auseinander. Dass ihre Ära jetzt endet, ist kein Zufall. Was die Technokraten-Regierung von Monti in kurzer Zeit auf den Weg gebracht hat, führt Berlusconis und Bossis Ineffizienz drastisch vor. Die überwältigende Mehrheit der Italiener hat laut Umfragen genug von den Parteien, wie sie waren. Es ist zu hoffen, dass politische Modelle wie Bossi und Berlusconi nun dauerhaft erledigt sind. Aber personell erneuern müssten sich auch die anderen Parteien des Landes.

© SZ vom 07.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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