Bürgerkrieg in Syrien:Wie die Opposition Assad an der Macht hält

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In Syrien herrscht Bürgerkrieg. Auch wenn das der Noch-Machthaber Baschar al-Assad nicht wahrhaben will. Doch nicht er selbst hält sich trotz 37.000 Toten an der Macht.

Tomas Avenarius

Baschar al-Assad scheint auf einem anderen Stern zu leben. "In Syrien herrscht kein Bürgerkrieg", sagt der Staatschef, der sich in seinen Palast hoch über Damaskus zurückgezogen hat. Zur selben Zeit sitzen im nicht so fernen Doha, der Hauptstadt des Golfemirats Katar, ein paar Hundert syrische Regimegegner zusammen.

Sie streiten darüber, was nach Assads Fall kommen soll, und wer sie dahin führen kann. Eine Lösung, die den Konflikt entscheiden könnte, ist nicht in Sicht. Doch - es herrscht Bürgerkrieg in Syrien, schon viel zu lange. Assads unverdientes Glück ist nur, dass seine Gegner so zerstritten bleiben wie vom ersten Tag an.

Syriens Präsident Baschar al-Assad hat unverdientes Glück. Die Zerstrittenheit der Opposition hält ihn an der Macht. (Foto: REUTERS)

Auch deshalb - und nicht allein wegen mangelhafter Bewaffnung - kommen die Rebellen militärisch nicht vom Fleck. Angesichts von inzwischen 37.000 Toten ist das mehr als nur ein Armutszeugnis für diejenigen, die ihr Volk vom Diktator befreien wollen. Es wirft ein Schlaglicht darauf, was kommen dürfte, wenn sich Assads Führerbunker-Pathos eher erfüllt, als er es selbst vielleicht denkt: "Ich lebe in Syrien, ich sterbe in Syrien."

Egal, wer in Doha zum Vorsitzenden der erweiterten Führung der syrischen Opposition gewählt wird - es wird nicht der Durchbruch sein. Das neue Generalsekretariat soll 60 (sechzig!) Personen umfassen. Das klingt nicht nach Einheit, sondern nach dutzendfacher Zwietracht. Säkulare streiten mit Islamisten, Militante stehen gegen friedliche Aktivisten. Die feist gewordenen Exil-Oppositionellen zanken mit den Vertretern der "Revolutionskomitees" im Land. Hinzu kommen ethnische Gruppen wie die Kurden oder die Vertreter kleiner Regionen mit eigenen Interessen. Daraus eine geschlossene Opposition mit zentraler Führung zu schmieden, das geht nicht.

Geld und Waffen sollen Vernunft bringen

Im Syrien selbst ist es nicht besser. Die "Brigaden" der Rebellen kämpfen ohne gemeinsame Strategie, stehlen einander die Waffen. Assads Armee mag erschöpft sein. Aber sie hat ein Oberkommando.

Die USA wollen an dem Sammelsurium von Doha vorbei ein weiteres Oppositionsgremium anschieben. Doch sie werden nur noch mehr Geld in dunkle Kanäle pumpen, noch mehr Zeit verschwenden. Der Grundkonflikt bleibt: Es gab von Beginn an keine einheitliche Front der Regimegegner. Nur der Ruf "Nieder mit Assad!" verband sie. Das ist zu wenig, um ein rücksichtsloses Regime zu stürzen. Und es ist viel zu wenig, um sich internen Streit leisten zu können.

Das Mittel, um die Rebellen zur Vernunft zu bringen, ist Geld und Waffen. Die Türkei, Katar und Saudi-Arabien sind die Hauptunterstützer der Opposition. Doch die Katarer betreiben eine Politik der Spaltung: Sie liefern reichlich an radikal-islamische Brigaden, während die gemäßigteren Gruppen ihre Patronen zählen müssen. Katar und Saudi-Arabien sind Partnerstaaten der USA und Europas. Allen gemeinsam ist ein vorrangiges Interesse: den Krieg in Syrien zu beenden, bevor er den gesamten Nahen Osten in den Abgrund reißt. Das müsste sich den Scheichs mit ihrer undurchsichtigen Syrien-Agenda mit dem nötigen Nachdruck eigentlich vermitteln lassen.

© SZ vom 10.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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