Bürgerkrieg in Syrien:Syriens Oppositionschef tritt zurück

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Ein Bericht der Vereinten Nationen prangert die anhaltende Gewalt in Syrien an - und kritisiert auch die Gegner von Präsident Assad. Die Opposition gegen das syrische Regime ist zerstritten: Der Vorsitzende des Syrischen Nationalrates, Burhan Ghalioun, soll nun nach dem Willen der Organisation in zwei Wochen zurücktreten.

Burhan Ghalioun, Vorsitzender des Syrischen Nationalrates (SNC), soll seinen Posten in zwei Wochen räumen. Das entschied das Führungsgremium des Oppositionsbündnisses am Mittwochabend in Istanbul nach langer Debatte. Ghalioun, der sich in Paris aufhält, soll noch bis zur Wahl seines Nachfolgers am 9. Juni im Amt bleiben.

Wird in zwei Wochen nicht mehr Vorsitzender des Syrischen Nationalrates sein: Burhan Ghalioun. (Foto: AFP)

In den vergangenen Wochen hatte die Kritik an dem angeblich zu wenig demokratischen Führungsstil des SNC-Führungsgremiums zugenommen. Ghalioun hatte daraufhin seinen Rücktritt angeboten. Die Lokalen Koordinierungskomitees der Syrischen Revolution, die seit März 2011 den Widerstand gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad organisieren, hatten zuletzt erklärt, der Graben zwischen dem SNC und den Aktivisten vor Ort werde immer größer.

Die staatliche syrische Presse schürt unterdessen Zweifel an der Unparteilichkeit der UN-Militärbeobachter, die im April als Teil eines Friedensplans nach Syrien geschickt worden waren. In der Zeitung Al-Thawra hieß es, hinter den Beobachtern stünden zum Teil Regierungen, die in Syrien eigene Interessen verträten. Es sei zu hoffen, dass dies keinen Einfluss auf den Bericht haben werde, den der UN-Vermittler Kofi Annan demnächst dem Sicherheitsrat vorlegen werde.

Trotz der UN-Beobachter und des seit sechs Wochen geltenden Waffenstillstands registrieren die Vereinten Nationen weiter massive Verletzungen der Menschenrechte "in einem zunehmend militarisierten Umfeld". Die schwersten Vorwürfe erhoben die UN-Ermittler in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Bericht gegen Armee und Sicherheitskräfte der Regierung. Sie hätten tödliche Waffengewalt gegen Demonstranten eingesetzt, Dörfer beschossen, ganze Familien hingerichtet und Kinder gefoltert. Seit März seien die meisten Menschenrechtsverletzungen von den Soldaten und Sicherheitskräften begangen worden.

Kritik an Assad-Gegnern

Doch der UN-Bericht übt auch Kritik an den Gegnern Assads: Die Kämpfer der Opposition hätten in den vergangenen Monaten ihrerseits Soldaten und mutmaßliche Informanten der Regierung hingerichtet. Außerdem setzten sie in zunehmendem Maße getarnte Sprengsätze ein. Daneben registrierten die UN-Ermittler Geiselnahmen durch die Aktivisten der Opposition. Damit sollten offenbar die Freilassung Inhaftierter oder Lösegeld erpresst werden.

Am Donnerstag töteten die Regimetruppen nach Angaben von Aktivisten landesweit 27 Menschen, darunter fünf Kinder. In einem Dorf der Provinz Idlib seien vier Männer aus ihren Häusern geholt und öffentlich hingerichtet worden, berichtete die in London ansässige Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter. Die Organisation erklärte weiter, dieses Vorgehen sei selbst dann illegal, wenn es sich bei den vier Männern, die in dem Dorf Basames hingerichtet worden seien, um Kämpfer gehandelt haben sollte.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete derweil, "Terroristen" hätten im Umland von Damaskus einen Oberstleutnant und dessen 13 Jahre alten Sohn erschossen.

Das neue syrische Parlament wählte in seiner konstituierenden Sitzung einen regimetreuen Anwalt zum Parlamentspräsidenten. Mohammed Dschihad al-Laham ist Präsident der Anwaltskammer von Damaskus und Mitglied der Arabisch Sozialistischen Baath-Partei von Präsident Assad. Sein Vater gilt offiziell als "Märtyrer", weil er in der Ära von Präsident Hafis al-Assad von Oppositionellen getötet wurde, die der Muslimbruderschaft zugerechnet wurden.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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