Brandenburg:Neuer Ausschuss zum NSU

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CDU und Grüne wollen die Rolle des Verfassungsschutzes prüfen lassen.

Von Tanjev Schultz, München

Im NSU-Prozess und im Landtag in Potsdam soll die Rolle des Brandenburger Verfassungsschutzes aufgearbeitet werden. CDU und Grüne wollen einen NSU-Untersuchungsausschuss beantragen, die SPD unterstützt das Vorhaben. Es wäre das siebte Bundesland, das einen solchen Ausschuss zum NSU einsetzt. Dies sei man den Opfern und ihren Familien schuldig, sagte Brandenburgs CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben am Dienstag. "Wir sind der Auffassung, dass der NSU-Komplex auch hier in Brandenburg stärker untersucht werden muss." Zuvor hatte die Parlamentarische Kontrollkommission, die den Geheimdienst beaufsichtigt, geheim getagt. Dort war offenbar auch das Auftreten eines Brandenburger Verfassungsschützers im NSU-Prozess Thema, der vor zwei Wochen im Gericht in München viele irritiert hatte.

Der Beamte Reiner G. war nicht nur dadurch aufgefallen, dass er in Maskerade - mit Perücke - kam, um sein Aussehen zu verändern. Der Richter musste ihn ermahnen, keinen Kaugummi zu kauen. Und auf viele Fragen schien der Zeuge nur widerwillig zu antworten, was die Vertreter der Opfer erzürnte. Diese reagierten nun in München, während in Potsdam die Abgeordneten tagten, am 270. Prozesstag mit zwei Beweisanträgen, die Reiner G. und den Brandenburger Verfassungsschutz in Erklärungsnöte bringen sollen.

Die Anwälte werfen dem Brandenburger Verfassungsschutz vor, 1998 die Festnahme des untergetauchten Trios Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt vereitelt zu haben. Damals bekam, wie seit Längerem bekannt ist, die Behörde brisante Hinweise von einem V-Mann aus der Neonazi-Szene. Diese Quelle mit dem Decknamen "Piatto" berichtete von einem Trio, das sich bewaffnen, Raubüberfälle begehen und nach Südafrika absetzen wollte. Diese Informationen seien damals vom Verfassungsschutz nicht ausreichend an die zuständigen Fahnder der Polizei in Thüringen und Sachsen weitergeleitet worden, kritisieren die Nebenkläger. Das Amt in Potsdam habe nur seine eigene Quelle schützen wollen. Dem damaligen V-Mann-Führer von "Piatto", Reiner G., unterstellen sie, vor Gericht falsch ausgesagt zu haben. Das wäre eine Straftat. Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) bat am Dienstag darum, Dokumente vorzulegen, die den Verdacht gegen die Behörde stützen würden. Ihm lägen keine entsprechenden Belege vor.

© SZ vom 16.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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