Bildung:Herausforderung Integration

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Athen will Flüchtlingskinder schnell in die Schulen aufnehmen, Mittel für zusätzliche Lehrer sind aber knapp.

Von Mike Szymanski, Athen

Griechenland hat nicht nur Probleme bei der Unterbringung der Flüchtlinge, die Regierung stößt auch mit ihrem Vorhaben auf Widerstand in der Bevölkerung, schulpflichtigen Kindern unter den Migranten Zugang zu öffentlichen Schulen zu ermöglichen. Mit Beginn des neuen Schuljahres sollen sie erstmals geregelten Unterricht bekommen. Athen will dafür 800 zusätzliche Lehrer einsetzen, um die Flüchtlingskinder ins griechische Bildungssystem zu integrieren. Erste Eltern-Organisationen kündigten jetzt in Schreiben an das Bildungsministerium ihren Protest an. Der Charakter der "griechischen" Schulen dürfe nicht verloren gehen, man fürchte religiösen Fanatismus.

Von den mehr als 60 000 Flüchtlingen, die sich im Land aufhalten, sind knapp ein Drittel im schulpflichtigen Alter. "Viele werden wohl lange in Griechenland bleiben", sagte der Generalsekretär des Bildungsministeriums, Yannis Pantis, der Süddeutschen Zeitung . Das Land stehe bei der Integration der Flüchtlinge vor einer großen Herausforderung. Man sei im Gespräch mit Schulen. Sollten sich einzelne Schulen nicht in der Lage sehen, werde man versuchen, andere zu finden.

Griechenland steckt seit Jahren in einer schweren Finanzkrise und muss sparen. Wilde Camps wie jenes in Idomeni - mittlerweile geräumt - wurden zum Sinnbild für die Überforderung des griechischen Staates. Dass die Probleme noch lange nicht überwunden sind, beweisen die jüngsten Ausschreitungen auf Lesbos.

Während die Türkei beispielsweise längst Flüchtlingskinder in ihren Camps unterrichtet und ihre Schulen geöffnet hat, verließ sich die Regierung in Athen lange Zeit darauf, dass die Migranten gar nicht bleiben wollten. "Wir waren ein Transitland", sagt Pantis. Seitdem die sogenannte "Balkanroute" für Flüchtlinge mehr oder weniger abgeriegelt wurde und ihnen die Weiterreise nach Mittel- und Nordeuropa verwehrt bleibt, sei Griechenland dabei, sich auf die neue Situation einzustellen.

Derzeit laufen nach Angaben des Bildungsministeriums Vorbereitungen, um in knapp 40 Flüchtlingsunterkünften Kindergärten für die Vier- bis Siebenjährigen einzurichten. Die Kinder sollen dort unter anderem Griechisch lernen. Kinder im Schulalter sollen so schnell wie möglich ins bestehende Schulsystem integriert werden. Um ihnen den Einstieg zu erleichtern, will das Ministerium Vorbereitungsklassen an den Schulen in der Umgebung der Flüchtlingsunterkünfte schaffen. Von 14 bis 18 Uhr am Nachmittag sollen die Kinder in Klassen von bis zu maximal 20 Schülern in Griechisch, einer weiteren Fremdsprache, Mathe, Kunst und Sport unterrichtet werden. Sobald sie in einer der Regelklasse bestehen könnten, sollen sie wechseln. Die Regierung hat Zusatzkosten fürs Personal und den Transport der Schüler von 35 Millionen Euro für das erste Schuljahr veranschlagt. Wie angespannt die finanzielle Lage ist, zeigt sich daran, dass das Programm trotz Unterstützung aus EU-Programmen und von Flüchtlingsorganisationen noch immer nicht komplett finanziert ist. Bis jetzt reichen die Mittel erst für etwa ein halbes Jahr. Die Regierung will vermeiden, das Programm aus dem Schuletat zu finanzieren. Dieser sei im Zuge der Schuldenkrise um 20 Prozent gekürzt worden, erklärt Generalsekretär Pantis. "Wir haben einige Schulen schließen müssen." Es gehe auch darum, den Eindruck zu vermeiden, das Schulsystem habe unter der neuen Aufgabe weiter zu leiden.

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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