Bevölkerung:Wieder mehr Kinder in Deutschland

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Neben der Wirtschaftslage könnte auch die Wahrnehmung von Kindern zur hohen Geburtenrate beitragen.

Von Werner Bartens, München

In Deutschland werden wieder mehr Kinder geboren. Die Geburtenrate betrug 2014 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 1,47 Kinder je Frau und liegt damit so hoch wie nie seit der deutschen Einheit 1990. Im Jahr 2013 hatte die Geburtenrate noch 1,42 betragen; einen Aufwärtstrend gibt es schon seit 2009. Damit wurden 2014 - bezogen auf 1000 Frauen - 56 mehr Babys geboren als im Jahr zuvor. 2014 sind in Deutschland 715 000 Kinder auf die Welt gekommen und damit 33 000 mehr als im Vorjahr.

Die Kinderzahl in Deutschland variiert nach Herkunft und Region. Frauen mit deutscher Staatsbürgerschaft haben 2014 im Durchschnitt 1,42 Kinder geboren - im Vorjahr waren es 1,37 Kinder pro Frau. Bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit stieg die Geburtenrate von 1,8 auf 1,86 Kinder. Im Osten Deutschland liegt die Geburtenrate mit 1,54 höher als in den westlichen Bundesländern (1,47). Spitzenreiter ist Sachsen mit 1,57 Kindern je Frau. Schlusslicht ist das Saarland, wo die Geburtenrate 1,35 betrug. Unter den Großstädten kam München im vergangenen Jahr auf 1168 Geburten pro 100 000 Einwohner. Davor liegt bundesweit nur Dresden mit 1175 Geburten je 100 000 Einwohner.

Bevölkerungsforscher sehen mehrere Gründe für den positiven Trend. "Sozioökonomische Kriterien spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für ein Kind", sagt Mikko Myrskylä, Direktor des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock. "Deutschland hat die Wirtschaftskrise 2008 besser überstanden als andere Staaten. Paare schauen sich zwar nicht volkswirtschaftliche Bilanzen an, bevor sie ein Kind zeugen, aber ökonomische Unsicherheit hat einen großen Einfluss - nicht nur darauf ob, sondern wann eine Frau ein Kind bekommt."

Der Anstieg der Geburtenrate gleicht auch Verzögerungseffekte aus. "Frauen haben ihren Kinderwunsch nach hinten verlagert, 2014 waren die Mütter bei der Geburt des ersten Kindes im Durchschnitt schon 29,5 Jahre alt", sagt Myrskylä. "Dieser Trend scheint sich abzuschwächen. Die Geburt wird nicht noch weiter aufgeschoben." Tatsächlich nahm die Häufigkeit der Geburten besonders bei Frauen im Alter zwischen 29 und 36 Jahren zu. Diese Frauen hatten im jüngeren Alter deutlich weniger Kinder zur Welt gebracht als Frauen aus älteren Jahrgängen und damit zum Tiefpunkt der Geburtenrate beigetragen.

Vielleicht werden Kinder auch positiver wahrgenommen. "Jugendstudien zeigen, dass Familie hoch im Kurs steht", sagt Michaela Kreyenfeld, Leiterin der Rostocker Forschungsgruppe "Lebenslauf, Sozialpolitik und Familie". "Für viele junge Leute sind Kinder und Partnerschaft Lebensziele, die sie anstreben." Der Ausbau der Kinderbetreuung seit 2005, Elterngeld seit 2007 und flexiblere Arbeitsmodelle würden zudem die Entscheidung für ein Kind erleichtern. "Dadurch gibt es jedoch auch Anreize, sich in der Arbeitswelt zu etablieren und später Kinder zu bekommen", so Kreyenfeld. Familienministerin Manuela Schwesig sprach jedenfalls von einem "schönen Signal".

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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