Berlin:Schulz belebt die SPD

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Führende Sozialdemokraten loben den Wechsel des Europapolitikers nach Deutschland und erwarten, dass er Verantwortung "an herausragender Stelle" übernimmt.

Von Daniel Brössler und Christoph Hickmann, Brüssel/Berlin

Der angekündigte Wechsel des sozialdemokratischen Europapolitikers Martin Schulz in die Bundespolitik bringt Bewegung in die Debatte über die SPD-Kanzlerkandidatur. Führende Sozialdemokraten begrüßten Schulz' Vorhaben, 2017 auf Platz eins der nordrhein-westfälischen SPD-Landesliste zur Bundestagswahl anzutreten.

"Deutschland bekommt mit Frank-Walter Steinmeier einen tollen neuen Bundespräsidenten und mit Martin Schulz die Möglichkeit eines kompetenten und international anerkannten Nachfolgers als Außenminister", sagte Matthias Miersch, der Sprecher der linken SPD-Bundestagsabgeordneten. Schulz wurde bereits vor seiner Erklärung als erster Kandidat auf die Nachfolge Steinmeiers genannt. Allerdings gilt es als nicht sehr wahrscheinlich, dass er Außenminister und Kanzlerkandidat zugleich wird. Beide Fragen blieben am Donnerstag zunächst ungeklärt. In der Parteispitze wurde betont, man halte am Zeitplan fest, wonach man über die Kanzlerkandidatur im Januar entscheiden wolle.

Zugleich mehrten sich die Forderungen, Schulz an herausgehobener Position einzusetzen. "Ich freue mich darauf, Martin Schulz im nächsten Jahr im Bundestag zu sehen", sagte der SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan der Süddeutschen Zeitung. "Er wird sicherlich an herausragender Stelle Verantwortung übernehmen." Lars Klingbeil, Vorsitzender der niedersächsischen Landesgruppe in der SPD-Fraktion, urteilte, Schulz' "Erfahrung und seine klare Haltung" würden der Bundespolitik "guttun". Schulz trat am Donnerstagmorgen in Brüssel vor die Presse, um seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit als Präsident des Europaparlaments zu verkünden. "Ich werde nun von der nationalen Ebene aus für das europäische Projekt kämpfen", sagte er und bestätigte damit einen SZ-Bericht aus der Nacht zuvor. Die europäische Einigung sei "das größte Zivilisationsprojekt der vergangenen Jahrhunderte".

"Ich werde nun von der nationalen Ebene aus für das europäische Projekt kämpfen", sagte Martin Schulz am Donnerstag in Brüssel. (Foto: Olivier Matthys/AP)

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der sich für einen Verbleib Schulz' in Brüssel eingesetzt hatte, äußerte sein Bedauern. "Martin Schulz ist nicht nur ein überzeugter Europäer, er ist auch ein überzeugender Europäer", sagte er. Deshalb sei er sehr nützlich gewesen in Brüssel, das werde er aber auch in Berlin sein. Im Rennen um die Nachfolge brachten sich mehrere Abgeordnete der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP) in Stellung, die als stärkste Fraktion Anspruch auf den Posten erhebt. Über eine ausreichende Mehrheit verfügt sie jedoch nicht. EVP-Fraktionschef Manfred Weber kündigte an, auf die anderen Fraktionen zugehen zu wollen. Man stehe nun in der "Verantwortung, Stabilität zu gewährleisten". Die EVP will bis Mitte Dezember einen Kandidaten bestimmen.

Der Personalie wird große Bedeutung für die Machtbalance in Brüssel beigemessen. EU-Kommission wie Europäischer Rat werden von EVP-Politikern geführt, nämlich von Juncker und Donald Tusk. Die Sozialdemokraten im EU-Parlament wollen jedoch auch nach Schulz' Weggang das "politische Gleichgewicht" in Brüssel gewahrt sehen.

© SZ vom 25.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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