Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und sein neuer Ministerpräsident Binali Yıldırım kritisieren die Armenien-Resolution des Bundestages. In einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel beklagte Yıldırım "die haltlosen und ungerechten politischen Urteile" des Resolutionstextes, wie das türkische Ministerpräsidentenamt mitteilte. Die türkische Regierung, das ganze Land sowie Millionen Türken in Deutschland verfolgten die Entwicklung mit Sorge, sagte Yıldırım in dem Telefonat am Montag. Ankara erwarte von der Bundesregierung und vom Bundestag eine "respektvolle Haltung".
Vertreter von Union und SPD verteidigten hingegen die geplante Resolution, in der das Parlament am Donnerstag die Vertreibung und Ermordung von Hunderttausenden Armeniern durch das Osmanische Reich während des ersten Weltkrieges als Völkermord verurteilen will. Es gehe nicht darum, die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei zu beschädigen, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), in Berlin. Auch die Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, Michelle Müntefering (SPD), sagte der Funke Mediengruppe, die Resolution sei kein Gesetz und keine Vorgabe, sondern solle ein Signal aussenden, kritisch mit der Geschichte umzugehen und so für die Zukunft Versöhnung zu ermöglichen.
Am Dienstag zeichnete sich ab, dass auch die Linke dem Entwurf zustimmen könnte. "Wir wollen, dass die türkische Regierung mit einem einheitlichen Votum aus dem Bundestag konfrontiert ist und sich nicht auf die Zerrissenheit der Fraktionen berufen kann", sagte die parlamentarische Geschäftsführerin Petra Sitte. Die Linke werde deshalb auch keine namentliche Abstimmung beantragen. "Uns ist das Thema des Genozids an den Armeniern wichtiger als politische Spielchen."