Bamf:Weniger freiwillige Ausreisen im Jahr 2017

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Abgelehnte Asylbewerber steigen in Rheinmünster in ein Flugzeug. Sie werden in ihre Heimatländer zurückgebracht. (Foto: Patrick Seeger/dpa)
  • Trotz verstärkter Bemühungen, abgelehnte und ausreisepflichtige Asylbewerber in ihre Heimat zurückzuschicken, haben die meisten Bundesländer in diesem Jahr nicht mehr Menschen abgeschoben als 2016.
  • Die Zahlen lassen allerdings nicht auf eine laxere Haltung deutscher Behörden schließen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Die Zahl der Asylbewerber, die freiwillig in ihre Herkunftsländer zurückkehren, ist 2017 im Vergleich zum Vorjahr wieder kleiner geworden. Nach Auskunft des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wurden bis Ende November 27 903 freiwillige Ausreisen finanziell gefördert und bewilligt. 2016 entschieden sich noch 50 759 Menschen zur Rückkehr, also deutlich mehr. Bei Abschiebungen blieben die Zahlen so gut wie gleich. Bis Ende November wurden 22 190 Menschen zwangsweise rückgeführt. Im gesamten Vorjahr waren es 25 375. Die rückläufigen Zahlen, über die zuerst die Zeitung Die Welt berichtete, lassen allerdings nicht auf eine laxere Haltung deutscher Behörden schließen.

"Im ersten Halbjahr 2015 sind sehr viele Balkanflüchtlinge zu uns gekommen, von denen 2016 viele wieder abgeschoben wurden", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU). Weil sie kaum Chancen hätten, in Deutschland zu bleiben, hätten sich 2016 besonders viele Menschen aus Balkanstaaten entschlossen, freiwillig in ihre Heimat zurückzukehren. Bei Flüchtlingen aus anderen Ländern fielen die Zahlen nun wieder niedriger aus. "Eine Abschiebung nach Albanien ist naturgemäß einfacher als nach Pakistan oder Afghanistan", so Mayer. "Deshalb lassen sich die Zahlen von 2016 und 2017 nicht problemlos vergleichen."

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Das Bamf wies am Donnerstag darauf hin, dass 2016 bei freiwilligen Rückkehrern ein Ausnahmejahr gewesen sei. Die "relativ hohe" Zahl freiwilliger Rückkehrer im Jahr 2016 sei im Kontext der "historisch hohen Zugangszahlen" Schutzsuchender zu sehen, teilte eine Bamf-Sprecherin mit. Mit sinkenden Einreisezahlen sinke europaweit nun auch die Zahl der Rückkehrer.

Und auch im Bundesinnenministerium lässt man sich nicht gern nachsagen, die Bundesregierung verfehlte ihr Ziel, bei Rückführungen konsequenter durchzugreifen. "Wir haben viel auf den Weg gebracht, aber es bleibt auch noch viel zu tun", sagte eine Sprecherin. So seien Ausreisezentren eingerichtet und angekündigte Abschiebungen abgeschafft worden. Anders als früher schützen Krankheiten oder Traumata oft auch nicht mehr vor einer zwangsweisen Rückführung. Oft scheiterten Abschiebungen an den Herkunftsländern, hier helfe nur Diplomatie. "Und das dauert", heißt es im Ministerium.

"Mit den Rückkehrerzahlen von 2017 können wir durchaus zufrieden sein", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mayer. "Trotzdem wünsche ich mir, dass die Länder ausreisepflichtige Personen konsequenter abschieben." Es gebe 230 000 Menschen, die das Land verlassen müssten. "Wir sollten uns in den Koalitionsgesprächen verständigen, wie der Bund den Ländern erleichtern kann, konsequenter abzuschieben." Denkbar seien Ausreisezentren, in denen der Bund nicht nur die Finanzierung übernehme, sondern auch den Vollzug von Abschiebungen.

Auch in der SPD wird der Ruf nach konsequenteren Abschiebungen lauter. "Die Rückführung von Asylbewerbern muss besser koordiniert werden", sagte der innenpolitischer Sprecher der SPD im Bundestag, Burkhard Lischka. Im Nebeneinander von Bamf, Bundespolizei, Ländern und Kommunen werde zu vieles "nicht zügig und optimal erledigt". Nötig sei eine Koordinierungsstelle auf Bundesebene, die sich "umfassend" um freiwillige Ausreisen und Abschiebungen kümmere.

Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, nannte Lischkas Vorschlag einen "völlig falschen Ansatz. Eine wesentliche Ursache schleppender Asylverfahren sei die hohe Zahl von Klagen, die die Gerichte überlasteten. "Die Qualität der Asylverfahren ist nicht immer hochwertig", sagte Amtsberg. "Deshalb ist das Wichtigste eine Qualitätsoffensive beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge." Nur wenn dort die Fehlerquote sinke, gehe auch die Zahl der Klagen zurück.

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