Baden-Württemberg:Die geheimen Sparpläne von Grün-Schwarz

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Weitere Nebenabsprachen der Regierung lösen Empörung aus. Es soll dabei um einen Abbau von 5000 Stellen gehen. SPD und FDP halten einen Untersuchungsausschuss für denkbar.

Vor einem Monat wurden zum ersten Mal Nebenabsprachen von Grün-Schwarz in Baden-Württemberg bekannt. Nun lösen weitere geheime Vereinbarungen vor allem zu konkreten Sparzielen wieder Empörung aus. Grüne und CDU versuchten am Samstag, ihr Verhalten in einem Brief an die Mitglieder ihrer Landtagsfraktionen zu verteidigen. Die Opposition warf Ministerpräsident Winfried Kretschmann einen schlechten Regierungsstil vor und kritisierte, er führe die Öffentlichkeit hinters Licht.

Die Südwest-Presse hatte über die Nebenabsprachen berichtet. Es soll darin um einen Abbau von 5000 Stellen sowie eine höhere Grunderwerbssteuer gehen.

In dem Brief an die Mitglieder der Grünen und der CDU heißt es, Demokratie brauche zwar Transparenz. "Aber Demokratie braucht auch Vertraulichkeit und geschützte Räume, sonst ist sie nicht funktionsfähig." Die Landesregierung könne nicht ihre internen Verhandlungsstrategien öffentlich machen.

Die Einsparungen "übertreffen unsere schlimmsten Befürchtungen", so der DGB

SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch wertete den Brief als "Ausdruck eines schlechten Gewissens". Er sei der hilflose Versuch, vertrauliche Absprachen zu vermeintlich harmlosen Willensbekundungen herunterzuspielen. In Wirklichkeit würden das Parlament und die Kontrollrechte der Opposition missachtet. Kretschmann wolle offenbar das demokratische Transparenzgebot relativieren, um in "geschützten Räumen" einen autokratischen Machtanspruch aufzubauen. Stoch kündigte an, die Vorgänge würden ein parlamentarisches Nachspiel haben. Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke, sagte: "Dieser Brief ist der totale Offenbarungseid. Kretschmann und Strobl haben die Abgeordneten der Regierungsfraktionen betrogen und hintergangen." Nach dem Bericht der Zeitung will die Regierung die Grunderwerbssteuer in dieser Legislaturperiode um 1,5 Punkte auf dann 6,5 Prozent erhöhen. Das solle dauerhaft 300 Millionen Euro jährlich zusätzlich in die Landeskassen spülen. Die Südwest-Presse beruft sich auf ein weiteres, bislang geheim gehaltenes Zusatzdokument zum offiziellen Koalitionsvertrag. Das Papier soll die Unterschriften von Kretschmann und CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl tragen. Die Landesregierung bestätigte den konkreten Inhalt der Nebenabsprachen zunächst nicht.

SPD und FDP halten einen Untersuchungsausschuss für denkbar. "Das ist nicht ausgeschlossen, muss aber gründlich geprüft werden", warnte die designierte SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier. Vom FDP-Landtagsfraktionschef Rülke hieß es: "Zunächst wollen wir Aufklärung auf parlamentarischem Wege. Sollte dies nicht ausreichen und sollten neue Geheimabsprachen enthüllt werden, so schließe ich einen Untersuchungsausschuss nicht aus." Der Deutsche Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg äußerte sich ebenfalls empört. Die stellvertretende DGB-Landeschefin Gabriele Frenzer-Wolf kritisierte: "Die offenbar verabredeten Einsparungen übertreffen unsere schlimmsten Befürchtungen." Die "Geheimpläne" seien ein Zeichen der Geringschätzung der Beamten und Landesdienst-Beschäftigten.

Auch die Kommunen sollen dem Bericht zufolge zur Kasse gebeten werden: Es gehe demnach um einen "Konsolidierungsbeitrag" von zusätzlich bis zu 300 Millionen Euro pro Jahr. Im Landesdienst sollten 3500 Stellen gestrichen, durch "Lebensarbeitszeitkonten" sollten zusätzlich 1500 Stellen überflüssig werden. Außerdem seien "Eingriffe bei der Besoldung" der Beamten geplant. Bei den Pensionären plane das Land eine "moderate Absenkung".

© SZ vom 22.08.2016 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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