Australien:Der Premier muss gehen

Lesezeit: 2 min

Er galt schon lange als Abbotts parteiinterner Gegenspieler: Malcolm Turnbull, neuer Premier Australiens. (Foto: Lukas Coch/AP)

Der konservative Regierungschef Tony Abbott verliert eine parteiinterne Abstimmung gegen Malcolm Turnbull. Der galt schon länger als sein Gegenspieler.

Sturz des Regierungschefs in Australien: In einer dramatischen Abstimmung wurde der unpopuläre Premierminister Tony Abbott am Montag von seiner Partei als Vorsitzender abgewählt und verlor damit auch sein Amt als Regierungschef. Bei einer Kampfabstimmung in seiner Fraktion unterlag Abbott seinem Herausforderer Malcolm Turnbull. Hintergrund sind schlechte Umfragewerte der Konservativen knapp ein Jahr vor der regulären Parlamentswahl in Australien. Der Wechsel an der Regierungsspitze soll der Liberalen Partei nun Punkte bringen.

Turnbull wird damit der vierte australische Premierminister in nur etwas mehr als zwei Jahren. Im Gegensatz zum konservativen Abbott gilt der 60-jährige Kommunikationsminister Turnbull als moderat. Er war bereits seit Längerem Abbotts parteiinterner Gegenspieler. Er befürwortet zum Beispiel die Homo-Ehe, will statt eines britischen Monarchen einen australischen Präsidenten als Staatsoberhaupt und plädiert für mehr Klimaschutz.

Dem seit 2013 amtierenden Regierungschef Abbott warf Turnbull vor allem eine schwache Wirtschaftspolitik vor: "Letztlich hat der Premierminister nicht die Führungsqualitäten in der Wirtschaftspolitik gezeigt, die unsere Nation braucht", sagte Turnbull, als er am Montag die Kampfabstimmung über die Parteiführung verlangte. "Er hat es nicht vermocht, das wirtschaftliche Vertrauen zu geben, das unsere Unternehmen brauchen."

Abbott versuchte, die interne Attacke abzuwehren. "Das Amt des Premierministers dieses Landes ist kein Preis oder ein Spielzeug, das man einfach verlangen kann", sagte er. "Es sollte etwas sein, das man sich durch eine Abstimmung des australischen Volkes verdient." Doch am Ende setzte Malcolm Turnbull sich bei der Abstimmung der Abgeordneten der Liberalen Partei mit 54 zu 44 Stimmen gegen Abbott durch, wie die Partei mitteilte.

Vor Abbotts Amtsantritt 2013 hatte die heutige Oppositionspartei Labor einen ähnlichen internen Machtkampf vorgeführt. 2007 war sie zunächst unter Kevin Rudd gewählt worden. Den schasste sie 2010 nach schlechten Umfragewerten und ersetzte ihn durch Julia Gillard - nur um in verzweifelter Lage kurz vor den Wahlen 2013 die Rochade wieder rückgängig zu machen.

Abbott war ursprünglich angetreten, um die Stabilität in der australischen Innenpolitik wiederherzustellen. Doch stand er wegen missglückter politischer Projekte und verbaler Ausrutscher in der Kritik. Seine Regierung schneidet in Umfragen schon seit April 2014 schlecht ab. Eine Umfrage in der vergangenen Woche besagte, dass 63 Prozent der Wähler unzufrieden sind mit Abbotts Regierung. Im Februar probten seine Rivalen in der Partei schon einmal die Rebellion. Abbott setzte aber eine Verschiebung der Abstimmung über den Parteivorsitz um sechs Monate durch. Die vergingen, ohne dass die Umfragewerte besser geworden wären.

Nach seinem Sieg sagte der neue Regierungschef, Australien brauche eine politische Führung, "welche die Intelligenz der Leute respektiert" und die komplexen Themen der Politik transparent mache. Die nächste Parlamentswahl steht in Australien voraussichtlich im Januar 2017 an. Turnbull sagte, er strebe keine vorgezogenen Neuwahlen an.

Bei der Abstimmung wurde zudem Außenministerin Julie Bishop zur Vize-Chefin der Liberalen Partei gewählt. Sie konnte sich mit 70 zu 30 Stimmen klar gegen Verteidigungsminister Kevin Andrews durchsetzen.

© SZ vom 15.09.2015 / AFP, AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: