Asien:Vielversprechender Dreier-Treff

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Erstmals seit 2009 trafen sich Japan, Südkorea und China am Sonntag wieder zu einem Gipfel. Das könnte angesichts schwelender Konflikte eine Wende in den Beziehungen der Länder einleiten.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Japan, Südkorea und China sind wieder dort, wo sie vor sechs Jahren waren. Am Sonntag haben sich die drei Regierungschefs - der japanische Premier Shinzo Abe, Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye und der chinesische Premier Li Keqiang - in Seoul zum Dreiergipfel getroffen und sich darauf geeinigt, ihre Beziehungen "zukunftsorientiert" zu vertiefen. Die drei benachbarten Staaten wollen sich künftig wieder einmal jährlich treffen - so, wie sie das vor Abes Amtsantritt taten. Angesichts der zwischen ihnen schwelenden Konflikte ist das ein großer Fortschritt.

Die Volkswirtschaften der drei Staaten sind eng verflochten. Trotzdem haben sie einander in den vergangenen Jahren das Gespräch verweigert. Nun wollen sie die ruhenden Verhandlungen für ein Dreier-Freihandelsabkommen wieder aufnehmen, die Territorialkonflikte aufs Eis legen, einen Mechanismus für maritime Sicherheit aufbauen und in der Nordkorea-Frage eng zusammenarbeiten. Japan hat seinen Nachbarn - wieder einmal - versprochen, es werde sich ernsthaft seiner Geschichte stellen. Nach Angaben koreanischer Medien hat Premier Abe Präsidentin Park sogar zugesagt, er werde sich für eine baldige Lösung des Konfliktes um die Versklavung koreanischer Frauen in japanischen Armeebordellen einsetzen. Davon wollte Abe bisher nichts hören.

Angesichts des steten Gezänks der letzten Jahre haben Abe, Park und Li ihre Ziele sehr hoch gehängt. Es wäre freilich nicht das erste Mal, dass den schönen Worten kaum Taten folgen. Bei früheren Gelegenheiten haben Japan, Südkorea und China sich schon bald nach solchen Treffen darüber gestritten, worauf sie sich geeinigt hätten. Andererseits wäre schon Nichtstun ein Fortschritt, wenn damit die Provokationen aufhörten: wenn beispielsweise China die Territorialzone um die Senkaku-Inseln nicht mehr verletzte, oder wenn Abe nicht mehr zum Yasukuni-Schrein pilgerte.

Das Wochenende dieses ersten Dreier-Treffens - und damit auch des ersten japanisch-südkoreanischen Gipfels - könnte aber auch zum Wendepunkt und Neuanfang werden. Denn sowohl Abe in Japan als auch Park in Südkorea müssen keine Wahlen mehr gewinnen: Wenn Abe die Regeln seiner liberaldemokratischen Partei (LDP) nicht verändert, bleibt er höchstens bis 2018 Premier. Das japanische Unterhaus muss erst 2019 neu gewählt werden. In Südkorea ist die Präsidentschaft auf eine Amtsdauer beschränkt. Beide Regierungschefs verfügen in ihren Parlamenten über sichere Mehrheiten und haben sich ihrer nationalkonservativen Basis zur Genüge bewiesen. Nun bietet sich ihnen die Chance, Geschichte zu machen. Das traut ihnen weder die koreanische noch die japanische Öffentlichkeit zu. Doch umso größer wäre deren Zustimmung.

© SZ vom 03.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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