Arbeitsrecht:Größe zeigen

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Eine junge Frau durfte bei der Lufthansa trotz aller bestandenen Tests nicht Pilotin werden - sie war mit 1,61 Metern zu klein. Ärzte aber sagen: Körperliche Vorgaben sind nur für wenige Berufe sinnvoll.

Von Werner Bartens

Eine Uniform macht etwas her - vor allem, wenn ein stattlicher Mensch darin- steckt. In dieser Tradition ist wohl die Vorgabe der Lufthansa zu sehen, wonach Piloten nicht kleiner als 1,65 Meter und nicht größer als 1,98 Meter zu sein haben. Mit lediglich 161,5 Zentimetern war eine Bewerberin demnach zu klein, weswegen sie klagte. Sie schaffte zwar die ersten Runden des Auswahlverfahrens, doch dann kam das Aus - 3,5 Zentimeter fehlten.

Die Lufthansa zeigt in ihrer Begründung für das geforderte Mindestmaß wenig Größe: "So soll sichergestellt werden, dass ein Pilot problemlos und in jeder Situation in der Lage ist, alle Bedienelemente im Cockpit zu erreichen", sagt Sprecher Helmut Tolksdorf. Um dies zu gewährleisten, müsste man allerdings auch erfassen, was Ärzte scherzhaft den "Affenfaktor" nennen - das Verhältnis der Armspannweite zur Körperlänge. Längere Arme sind schließlich nicht nur optimal für Schwimmer, sondern auch hilfreich für kleiner gewachsene Zeitgenossen.

Dass Standardvorgaben zur Größe fragwürdig sind, zeigt der Vergleich mit anderen Fluglinien. Für einen Job als Pilot bei Lufthansa-Tochter Swiss reicht eine Größe von 1,60 Metern, bei KLM 1,57 Meter. Air Berlin fordert keine Mindestgröße, die Sprecherin gibt aber den konstruktiven Hinweis, dass sich Sitze im Cockpit individuell justieren lassen und es daher keine Probleme mit der Körpergröße gebe.

"Aus medizinischer Sicht sollte der Arbeitsplatz so bemessen sein, dass sich eine kleine Frau und ein großer Mann gut bewegen können", sagt die Arbeitsmedizinerin Uta Ochmann von der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Es gilt die 5/95-Regel." Demnach werden bei ergonomischen Anforderungen Extreme nicht berücksichtigt - fünf Prozent der kleinsten Frauen sowie Männer, die größer als die übrigen 95 Prozent sind. Das betrifft Frauen unter 1,55 Metern und Männer jenseits der 1,92 Meter.

Über die Berufseignung sollte die Einzelfallprüfung entscheiden. "Eine zarte Frau kann als Rettungssanitäterin überfordert sein, wenn sie einen Dreizentnermann bergen soll", sagt Ochmann. Als Hobby-Triathletin ist sie ihrem stämmigen Kollegen womöglich dennoch überlegen - genauso wie ein drahtiger Stahlbetonbauer vielleicht mehr wegschafft als sein doppelt so schwerer Vorarbeiter.

In einigen Sparten gibt es körperliche Vorgaben. Die Berufsfeuerwehr besteht auf sportlicher Eignung und "Top-Gesundheit". Die Polizei erwartet "körperliche Präsenz", die in Baden-Württemberg bei 1,60 Metern und in Bayern bei 1,65 Metern beginnt. Für Berufstaucher und Kraftfahrer gelten ebenfalls besondere Empfehlungen. Pilot wie Elektriker kann man auch mit Brille oder Sehfehlern werden, dann sind - je nach Einzelfall - häufiger ärztliche Untersuchungen nötig.

Der aktuelle Rechtsstreit endete im Vergleich. Die Dame hatte gegen Diskriminierung geklagt, da Frauen nun mal kleiner seien als Männer. Größentabellen zufolge wären beim 1,65-Meter-Limit 50 Prozent aller Frauen vom Job als Pilotin ausgeschlossen. Die Klägerin bekam 14 175 Euro zugesprochen.

© SZ vom 19.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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