Arabische Liga reist in syrische Städte:Mission mit vielen Fragezeichen

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Können sich die Beobachter der Arabischen Liga ein realistisches Bild von der Lage in Syrien machen? Die USA mahnen zur Geduld mit der Mission, fordern die syrische Führung aber gleichzeitig dazu auf, den Kontrolleuren überall freien Zugang zu gewähren. Indes schüren Videoaufnahmen Zweifel an der Arbeit der Beobachter.

Seine dunkle Vergangenheit hat den Chef der Syrien-Mission schon in Misskredit gebracht, bevor er einen Fuß auf syrischen Boden gesetzt hat. Mohammed Mustafa al-Dabi soll das Morden der Regierung in Syrien stoppen und steht im Verdacht, in seinem Heimatland einem Mörder geholfen zu haben. Al-Dabi, genannt "die Schlange", gilt als enger Vertrauter des sudanesischen Despoten Omar al-Baschir, der vom internationalen Strafgerichtshof wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht wird.

Als dieser al-Dabi dann nach einem Tag in der Stadt Homs erklärte, es sei "ruhig" gewesen, er habe keine Panzer gesehen, dürften auch die letzten Oppositionellen in Syrien den Glauben an die Beobachtergruppe verloren haben. Homs ist eine Hochburg der Opposition, seit Wochen gibt es hier gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und der Armee, Hunderte Menschen sollen in der Stadt von Sicherheitskräften getötet worden sein.

Später relativierte al-Dabi seine Aussage mit den Worten, der Einsatz der Beobachter stehe erst am Anfang und benötige noch mehr Zeit. Darauf setzen auch die USA. "Wir haben Vertrauen in die Mission", sagte ein Sprecher des US-Außenamts. Es sei der erste Tag ihrer Arbeit gewesen, man müsse den Beobachtern Zeit lassen, sich zu organisieren und die Aufgabe in Gang zu bringen. Das Ministerium ermahnte auch die internationale Gemeinschaft, bei der Beurteilung der Ergebnisse des Einsatzes geduldig zu sein.

Gleichzeitig forderte der Sprecher einen ungehinderten Zugang der Beobachter zu den Unruhegebieten. Die Mission dürfe nicht in ihrer Arbeit behindert werden. Die Beobachter müssten Kontakt mit möglichst vielen Oppositionellen und Demonstranten haben können.

Die Beobachter sollen die Einhaltung eines Friedensplans überwachen, den die syrische Regierung im November mit der Liga vereinbart hat. Darin sagte sie ein Ende der Gewaltaktionen gegen die Opposition zu.

Deutlich härter äußert sich Frankreich. Der Besuch der Beobachter in Homs habe die Fortsetzung der blutigen Unterdrückung dort nicht verhindern können, hieß es in einer Mitteilung des Pariser Außenministeriums. Die Kürze des Aufenthalts habe es der Delegation nicht einmal ermöglichen können, die tatsächliche Situation in der seit Wochen umkämpften Stadt einzuschätzen.

Dieser Einschätzung schließen sich auch Menschenrechtler an. Nach Angaben der syrischen Opposition sollen allein seit Ankunft der Beobachter mindestens 39 Menschen von Sicherheitskräften getötet worden sein. Human Rights Watch hatte dem Assad-Regime bereits vorgeworfen, die Mission zu täuschen und Gefangene vor dem Besuch zu verlegen und Soldaten als Polizisten zu verkleiden.

Trotz der Beobachtermission sind bei einem erneuten Gewaltausbruch landesweit angeblich mindestens 13 Menschen getötet worden. Nach Angaben von Oppositionellen eröffneten Sicherheitskräfte des Regimes das Feuer auf Demonstranten am Stadtrand von Damaskus, als eine Delegation der Arabischen Liga in die Gegend kam. Dabei habe es etwa drei Tote gegeben. Die anderen seien in den Protesthochburgen Homs und Hama ums Leben gekommen. Die arabischen Beobachter wollten am Donnerstag noch Hama sowie die ebenfalls umkämpften Provinzen Daraa und Idlib besuchen.

Video wirft Fragen auf

Auch ein Zusammenschnitt verschiedener YouTube-Videos, den CNN veröffentlicht, schürt Zweifel an der Arbeit der Beobachter: Auf den Amateur-Aufnahmen sieht man unter anderem einen Mann eine Moschee betreten, die sich in Homs befinden soll. CNN zufolge trägt er offenbar die orange Weste eines Beobachters. In der Moschee sieht er ein in eine Decke gewickeltes kleines Kind auf dem Boden liegen - das Kind soll laut Kommentar zum Video von den syrischen Sicherheitskräften getötet worden sein. Eine Stimme ist zu hören, die sagt: "Einmal habe ich 22 Märtyrer begraben, heute waren es drei", berichtet CNN. Das Nachrichtenportal schränkt ein, dass es nicht feststellen kann, ob die Videos authentisch sind.

Immerhin soll in den nächsten Tagen die Zahl der Beobachter von derzeit gut 50 auf rund 150 steigen, die Nachrichtenagentur dpa spricht von bis zu 200 Beobachtern. Außerdem sieht die Initiative der Arabischen Liga auch vor, dass möglichst bald wieder Journalisten ungehindert ins Land reisen dürfen.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/Reuters/fran/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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