Angela Merkel:"Deutschland ist ein Land der Hoffnung"

Lesezeit: 2 min

Die Kanzlerin fordert von der Bevölkerung Flexibilität bei der Aufnahme von Flüchtlingen.

Von Stefan Braun und Cathrin Kahlweit, Berlin/Wien

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eindringlich an die Deutschen appelliert, Mitmenschlichkeit und Flexibilität bei der Aufnahme der Bürgerkriegsflüchtlinge zu zeigen. Hierbei handele es sich um eine nationale Aufgabe ähnlich der Wiedervereinigung vor 25 Jahren. "Deutsche Gründlichkeit ist super, aber es wird jetzt deutsche Flexibilität gebraucht", betonte Merkel am Montag in Berlin. Diese Großaufgabe, so der Tenor ihres einstündigen Auftritts vor Journalisten, sei nicht nur eine Last, sondern auch ein Beleg für Deutschlands große Attraktivität und Leistungsfähigkeit. "Die Welt sieht Deutschland als ein Land der Hoffnung und der Chancen, und das war nun wirklich nicht immer so", sagte Merkel. Deutschland sei ein gutes Land, es sei in einer guten Verfassung. Die oft beschworene zivile Gesellschaft sei längst Wirklichkeit, so die Kanzlerin. Gerade dies mache Deutschlands gutes Image in der Welt aus. "Unsere Freiheit, unser Rechtsstaat, unsere wirtschaftliche Stärke, die Ordnung, wie wir leben - das ist es, wovon Menschen träumen, die in ihrem Leben Verfolgung, Krieg, Willkür kennengelernt haben."

Die Kanzlerin kündigte an, dass Bund, Länder und Kommunen auf einem Flüchtlingsgipfel am 24. September ein milliardenschweres Gesamtpaket an neuen Hilfen und Regelungen beschließen wollten für die Aufnahme der mindestens 800 000 Flüchtlinge, die in diesem Jahr nach Deutschland kommen sollen. Mit ihm solle eine "schnellstmögliche Bearbeitung" aller Asylanträge und eine "bestmögliche Aufnahme" aller anerkannten Flüchtlinge gewährleistet werden. Dabei gehe es um Geld, aber auch um die befristete Einschränkung derzeit gültiger Regelungen, die eine schnelle Reaktion auf den Flüchtlingsansturm verhinderten. Deutschland habe bewiesen, wie stark es sei, wenn das nötig werde, sagte Merkel. Sie verwies unter anderem auf die Bankenrettung während der Weltfinanzkrise und auf die Wiedervereinigung. "Die deutsche Einheit haben wir auch nicht mit normaler Arbeit gelöst, sondern wir sind viele neue Wege gegangen." Über die zunehmend aggressive Ausländerfeindlichkeit in Teilen der deutschen Gesellschaft sagte die Kanzlerin, hier dürfe es keine falschen Erklärungsversuche und erst recht kein Verständnis geben. Der Schutz der Menschenwürde gelte für jeden. Gegen Pöbler und Gewalttäter werde "mit der ganzen Härte des Rechtsstaates" vorgegangen; Deutschland wende sich aber auch entschieden gegen jene, "die zu Demonstrationen mit ihren Hassgesängen aufrufen. An jene, die bei rechten Demonstrationen mitliefen, richtete sie den Appell: "Folgen Sie denen nicht. Zu oft sind Vorurteile, zu oft ist Kälte, ja sogar Hass in deren Herzen. Halten Sie Abstand!" Ein Einwanderungsgesetz, wie es die SPD fordert, sei für sie aber derzeit "nicht das vordringlichste Thema". Merkel appellierte auch erneut an die europäischen Partner, sich die Verantwortung für Asylbewerber gerechter zu teilen. "Die derzeitige Situation ist nicht zufriedenstellend", sagte die Bundeskanzlerin.

© SZ vom 01.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: