Afghanistan:Luftschlag trifft Hochzeit

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Geschosse ungeklärter Herkunft töten im Süden Afghanistans mindestens 20 Zivilisten. Berichten zufolge hat die Armee selbst geschossen.

Mindestens 20 Zivilisten, unter ihnen viele Frauen und Kinder, sind bei einem Luftangriff auf eine Hochzeitsfeier in der südafghanischen Provinz Helmand getötet worden. In der Nacht zum Donnerstag habe ein Geschoss ein Haus getroffen, in dem sich eine Hochzeitsgesellschaft aufhielt, sagte der Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums, Dawlat Wasiri, der Nachrichtenagentur dpa. Das Gouverneursamt hatte zuvor lediglich von einer Explosion gesprochen. Mindestens 45 Menschen seien verletzt worden. Der genaue Hintergrund des Einschlags war noch unklar.

Berichten der Nachrichtenagentur Reuters zufolge hat die afghanische Armee die Geschosse selbst abgefeuert. "Bisher ist klar, dass unsere Soldaten Granaten von drei Standorten abgefeuert haben, aber wir wissen noch nicht, ob dies absichtlich geschehen ist", sagte der stellvertretende Armeechef in der Region, General Machmud, Reuters am Donnerstag. "Wir haben eine Untersuchung eingeleitet und werden diejenigen bestrafen, die das getan haben." Der Sprecher des Verteidigungsministeriums Wasiri sagte hingegen, es sei nicht geklärt, wer geschossen habe. Ermittler seien am Ort. Lokale Medien hatten zuvor berichtet, die Taliban hätten eine Rakete auf die Hochzeitsfeier abgefeuert. Die Taliban dementierten das und beschuldigten das afghanische Militär.

Der Bruder der Braut erklärte Reuters zufolge, es seien Hunderte Hochzeitsgäste anwesend gewesen, als die Geschosse einschlugen. "In wenigen Minuten verwandelte sich unser fröhliches Fest in ein Blutbad", sagte Maluk Khan im Krankenhaus von Laschkar Ga im Distrikt Sangin. Der Bezirk ist eine der unsichersten Gegenden in der Provinz Helmand. Die Taliban bauen dort Mohn an. Afghanische Sicherheitskräfte und Taliban-Kämpfer lieferten sich dort in den vergangenen Monaten besonders schwere Gefechte.

Der 13-jährige Nato-Kampfeinsatz in Afghanistan ist zum Jahreswechsel zu Ende gegangen. Für die anschließende Mission zur Ausbildung und Beratung der afghanischen Streitkräfte sollen 12 000 ausländische Soldaten im Land bleiben, unter ihnen 850 Deutsche. Der Einsatz ist zunächst auf zwei Jahre angelegt.

Trotz des Abzugs der Nato-Kampftruppen ist Afghanistan noch weit entfernt von einer friedlichen Ordnung. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 4600 afghanische Polizisten und Soldaten bei Anschlägen der Taliban getötet. Zudem kamen 2014 knapp 3200 Zivilisten ums Leben, was nach Angaben der Vereinten Nationen die höchste Zahl seit Beginn des Afghanistankriegs ist. Begonnen hatte der Krieg nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf die Twin Towers in New York. Die USA wollten die damals noch in Kabul herrschenden Taliban stürzen, die der Führung der Al-Qaida-Extremisten Unterschlupf gewährten.

© SZ vom 02.01.2015 / DPA, Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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