Afghanistan:Ein Jahr ohne Erfolge

Präsident Ghani hat in Berlin wenig vorzuweisen.

Von Tobias Matern

Für Ashraf Ghani sind der Auftritt bei der Klimakonferenz in Paris und der Besuch in Berlin sicher willkommene Verschnaufpausen. Der afghanische Präsident verbucht nach einem Jahr im Amt keine Erfolge. Dass die Taliban einige Tage die Kontrolle in Kundus übernehmen konnten, verschärft afghanische Urängste. Dass es Ghani nicht gelungen ist, alle nötigen Gruppen an einen Tisch zu bringen, um den Friedensprozess anzustoßen, trägt zu den Flüchtlingsströmen nach Europa bei.

Auch ist die Wirtschaft seines Landes nach dem großflächigen westlichen Rückzug nahezu kollabiert, die sowieso schon überschaubaren Aussichten der Jugend sind zu grenzenloser Perspektivlosigkeit geschrumpft. Angela Merkels Appell nach dem Treffen mit Ghani, für bedrohte Afghanen nun Schutzzonen im Land und Ausbildungsplätze zu schaffen, sind gute Ideen. Sie kommen nur zu spät.

Ein Jahr als Präsident eines Landes mit gigantischen Problemen ist eine kurze Zeit. Ghani ist ein kluger Mann, er hat während seiner langen Zeit im amerikanischen Exil Karriere bei der Weltbank gemacht und versteht den bürokratischen Teil des Politikgeschäfts. Doch nach dem Ende der Ära Karsai findet auch er keine Rezepte, die afghanischen Probleme zu lindern. Was seine Landsleute besonders stört: Er erreicht sie noch nicht einmal auf emotionaler Ebene. Wenigstens das muss ein afghanischer Präsident aber schaffen.

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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