Abschiebungen:Vertane Chancen

Flüchtlinge müssen bei der Rückkehr besser beraten werden.

Von Bernd Kastner

Wer wollte da widersprechen: Wesentlich humaner als die Abschiebung eines Asylbewerbers ist seine freiwillige Rückkehr ins Heimatland. Deshalb ist letzterer Vorrang einzuräumen, wenn Deutschland einen Flüchtling zurückschicken will. Leider ist es die Praxis, die dieses Credo aus der politischen Sonntagsrede widerlegt: Die Struktur hinter der Rückkehrhilfe ist unsystematisch und lückenhaft.

Deutschland hat die finanziellen Anreize zwar erhöht, allein, davon erfahren viele Abgelehnte nicht. Es fehlen Betreuer, die wissen, wo es welche Hilfe wofür gibt; Bund, Länder und Kommunen kennen oft nicht das Angebot des anderen. Flüchtlinge sind dem Zufall der "Verteilung" ausgeliefert: Wer in München landet hat Glück, dort gibt es eine etablierte Beratungsstelle, "Coming home" heißt sie. Viele ohne Beratung finden sich nach Jahren des Hoffens jedoch im Abschiebe-Flieger wieder.

Dabei sollte die freiwillige Rückkehr im Vordergrund stehen. Die Behörden sollten sich auf ehrliche Beratung konzentrieren, spätestens von dem Tag an, an dem der negative Bescheid ergeht. Das ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit im Umgang mit den Geflüchteten. Denn so haben sie eine Chance, in der Heimat ihr Gesicht zu wahren und neu anzufangen. Es ist auch klüger. Nur wer nicht demoralisiert und als völlig Gescheiterter zurückkehrt, hat die Kraft dabei mitzuhelfen, sein Land voranzubringen.

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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