Abgas-Affäre:VW-Chefaufklärerin wirft hin

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Die Juristin Christine Hohmann-Dennhardt wollte härtere Konsequenzen aus der Diesel-Affäre ziehen, doch die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch lehnen das ab. Nun verlässt sie das Unternehmen.

Von Thomas Fromm, Max Hägler, Klaus Ott, München

Nach nur einem Jahr im Amt verlässt Rechtsvorstand Christine Hohmann-Dennhardt zum 1. Februar Volkswagen. Die frühere Verfassungsrichterin, die Anfang 2016 von Daimler zu VW gewechselt war, um dort als Vorstand für Recht und Integrität die Dieselaffäre aufzuklären, gehe "aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über Verantwortlichkeiten und die künftigen operativen Arbeitsstrukturen in ihrem Ressort", teilte VW mit. Hinter den Kulissen ist von schweren Zerwürfnissen und "unüberbrückbaren Differenzen" über das weitere Vorgehen in der Abgasaffäre die Rede.

Für den Konzern, der in den vergangenen Wochen Milliardenvergleiche in den USA ausgehandelt hatte, ist der Abgang der Juristin ein schwerer Rückschlag. Hohmann-Dennhardt, die bei Daimler geholfen hatte, einen Schmiergeldskandal aufzuarbeiten, galt wegen ihrer Erfahrungen mit US-Behörden als Idealbesetzung in der Dieselaffäre. Als langjährige Verfassungsrichterin sollte sie die Glaubwürdigkeit von VW in Amerika wiederherstellen. Allerdings zeichneten sich schon früh interne Konflikte mit Management und Betriebsrat ab: So scheiterte Hohmann-Dennhardt mit ihrem Wunsch, den US-Juristen und Ex-FBI-Chef Louis Freeh als Berater nach Wolfsburg zu holen, am Veto des mächtigen Betriebsratschefs Bernd Osterloh.

Zuletzt, heißt es, habe die 66-Jährige im Dauerclinch mit dem Chefjuristen Manfred Döss gelegen. Der frühere Konzernjurist der VW-Tochter Porsche gilt als Mann der VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch. Zwischen ihm und Hohmann-Dennhardt soll es unterschiedliche Auffassungen darüber gegeben haben, wie VW seine Affäre aufarbeitet. Als klar wurde, dass vor allem Einkaufsvorstand Garcia Sanz und Chefjustiziar Döss die Gespräche mit den US-Behörden führten, galt Hohmann-Dennhardt als weitgehend entmachtet.

Aus Konzernkreisen heißt es, die scheidende Juristin wolle ihren "guten Namen" nicht länger dafür hergeben, dass VW bei der Aufklärung auf halbem Wege stehen bleibe. Zu hören ist ebenfalls, beide Seiten hätten die "Hängepartie" beenden wollen. Der Autokonzern sieht die juristische Arbeit offenbar als erledigt an und will die Affäre nach Straf- und Schadenersatzzahlungen in den USA in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar zu den Akten legen. Hohmann-Dennhardt, so heißt es, habe dagegen auf die Umsetzung weiterer Compliance-Regeln gedrungen.

Auch die Frage, ob und was der frühere Vorstand um den ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn von den Manipulationen der Abgasmessungen wusste, ist noch unbeantwortet. Auch davon hängt es ab, ob Aktionäre Schadenersatz in Milliardenhöhe für die Kursverluste ihrer Papiere verlangen können. Der Konzern und seine Haupteigentümer, die Familien Porsche und Piëch, wollen dies vermeiden, um den Schaden zu begrenzen. Die Nachfolgerin von Christine Hohmann-Dennhardt soll Hiltrud Werner werden. Die Ökonomin arbeitet derzeit in der Konzernrevision von VW.

© SZ vom 27.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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