Schweiz:Unruhe im Söldnerparadies

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Strikt neutral und ideologiefrei: Jahrhundertelang haben Schweizer Söldner für fremde Herren gekämpft - solange der Preis stimmte. Heute ist das Land zum Zentrum des modernen Söldnerwesens geworden, etwa 20 internationale Sicherheitsfirmen, die weltweit an Kriegshandlungen teilnehmen, sitzen in der Schweiz. Damit soll bald Schluss sein.

Von Wolfgang Koydl

Ihr Todesmut war so legendär wie ihre Grausamkeit: Schweizer Söldner ließen sich für ihre fürstlichen Auftraggeber selbst dann noch abschlachten, wenn deren eigene Soldateska längst das Weite gesucht hatte. Und sie gaben selbst kein Pardon: Mit dem Bauchfett ihrer getöteten Feinde etwa hielten sie das Leder ihrer Knobelbecher geschmeidig. Strikt neutral und ideologiefrei kämpften Schweizer Jahrhundertelang für fremde Herren - solange der Preis stimmte.

Heute verdingen sich junge Schweizer nur noch beim Papst als farbenfroh kostümierte Gardisten. Dafür ist ihr eigenes Land zum Zentrum des modernen Söldnerwesens geworden. Etwa 20 internationale Sicherheitsfirmen haben dort ihr Hauptquartier aufgeschlagen, darunter ein Branchenführer: die Aegis Group International des britischen Ex-Oberst Tim Spicer, die etwa 20.000 Söldner unter Waffen hält, sitzt in Basel.

Damit soll nun auch bald Schluss sein. Mit einem Gesetz will die Regierung in Bern den zuweilen anrüchigen und skandalträchtigen Machenschaften dieser Security-Firmen einen Riegel vorschieben. "Es kann uns nicht egal sein, was Firmen, die ihren Sitz in der Schweiz haben, im Ausland tun", betonte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Vor allem müsse vermieden werden, dass "der Ruf der Schweiz und ihre Neutralität" beschädigt würden.

Ein weltweiter Markt von 100 Milliarden Dollar

Bislang hatte man in der Eidgenossenschaft den Privatarmeen nicht so genau auf die Finger gesehen. Ähnlich wie beim Schwarzgeld zeigte man sich großzügig, als die Sicherheitsunternehmen umzuziehen begannen, nachdem ihre Tätigkeiten in Kriegsgebieten im Irak und in Afghanistan sogar in den USA und in Großbritannien verstärkt unter die Lupe genommen worden waren. In der Schweiz hingegen gab es bislang praktisch keine rechtlichen Grundlagen für ihre Kontrolle. Die modernen Rambos kommen sogar in den Genuss toleranter eidgenössischer Vorschriften und können sehr freizügig den Schusswaffengebrauch üben.

Falls das Parlament das von der Regierung ausgearbeitete Gesetz annimmt, dürfen in der Schweiz tätige Sicherheitsfirmen im Grunde nichts mehr von dem tun, womit sie Geld verdienen: an Kriegshandlungen teilnehmen, Personal für solche Einsätze rekrutieren, ausbilden oder anwerben. Sie dürfen keine Geiseln befreien, keine Gefängnisse in Ländern betreiben, in denen gefoltert wird, und generell nichts tun, was in der einen oder anderen Weise "schwere Menschenrechtsverletzungen begünstigen" würde. Verstöße können mit Haftstrafen und dem Entzug der Lizenz geahndet werden. Unangekündigte Inspektionen sollen die Einhaltung der strengen Vorschriften sicherstellen.

Letzten Endes wären die "Soldiers of Fortune" auf Aufgaben beschränkt, die sich nicht wesentlich von jenen von Geldtransporteuren oder Nachtwächtern unterscheiden. Angesichts der involvierten Summen dürfte ihnen das nicht genügen. Marktführer Aegis soll allein im Irak Aufträge im Wert von 750 Millionen Dollar an Land gezogen haben. Weltweit wird der Markt für private Armeen auf ein Volumen von 100 Milliarden Dollar geschätzt. Der Schweiz freilich scheint es ernst zu sein - und kein Preis zu hoch für den guten Ruf.

© SZ vom 28.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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