Äußerung von Sigmar Gabriel:Irrationalitäten der Tempolimit-Debatte

SPD-Chef Gabriel: Kurze Antwort, hitzige Debatte (Foto: dpa)

Amerikaner bestehen auf den Waffen, die sie tragen; Deutsche auf jenen, in denen sie sitzen. Mit seiner Äußerung, ein Tempolimit sei "sinnvoll", hat SPD-Chef Gabriel eine Debatte ausgelöst. Vor allem, da die "Freie Fahrt für freie Bürger" hierzulande eine Art Verfassungszusatz ist.

Ein Kommentar von Detlef Esslinger

Es gehört zu den Eigenarten von Völkern, sich gelegentlich über andere Völker zu wundern. Sind zum Beispiel die Vereinigten Staaten von Amerika nicht ein bizarres Land? Wie viele Massaker an Schulen oder in Kinos braucht es eigentlich noch, bis die Leute dort begreifen, wohin die Marotte des freien Waffenbesitzes sie führt? Wahrscheinlich ist es so: Eher wird auf Autobahnen in Deutschland ein Tempolimit als Gun Control in den USA eingeführt. Oder umgekehrt?

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel war so verwegen, ein Tempolimit für "sinnvoll" zu erklären - wohlgemerkt: Er hat nicht gesagt, dass er das plane; er hat nur auf eine Interview-Frage mit dem vorsichtigen Adverb "sinnvoll" geantwortet. Zuvor hatten die Grünen Steuererhöhungen sowie ein Verbot von Zigarettenautomaten gefordert.

Alles Ideen, die in einer idealen, rationalen Welt jede Debatte wert wären; vor einer Wahl erst recht. Aber wer will das in Wahrheit: dass Politiker vorher öffentlich über Zumutungen nachdenken. Mit solchen Ideen steuert Rot-Grün wohl eher auf die Fünf-Prozent-Hürde als aufs Kanzleramt zu.

Gabriel hatte offenbar für einen Moment vergessen, dass der alte ADAC-Slogan "Freie Fahrt für freie Bürger" hierzulande eine Art Verfassungszusatz, jedenfalls die Übersetzung von "Land of the Free" ist. Amerikaner bestehen auf den Waffen, die sie tragen; Deutsche auf jenen, in denen sie sitzen.

© SZ vom 10.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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