Waldbrände in Südeuropa:Auf der Spur des Feuers

Lesezeit: 3 min

  • In Südeuropa wird darüber debattiert, ob auch menschliches Versagen schuld an den Waldbränden ist.
  • In der Kritik steht die lange Zeit forcierte Ansiedlung von Monokulturen, beispielsweise mit Eukalyptusbäumen, die trockene Böden begünstigt.
  • Außerdem wird eine Verschärfung des Strafrechts für Brandstifter gefordert.

Von Thomas Urban, Madrid

Eigentlich ist es eine traurige Routine in Südeuropa: Bei längerer Trockenheit und außergewöhnlicher Hitze brechen unweigerlich Waldbrände aus. Oft werden Zehntausende Hektar Natur vernichtet. Und auch in diesem Sommer ist es leider wieder so weit: Bei den gegenwärtigen Hitzewellen mit Temperaturen von über 40 Grad brennen Wälder von der Iberischen Halbinsel über die Provence und Italien bis zum Balkan.

Doch zum ersten Mal debattiert man in all diesen Ländern auch darüber, ob die Brände nicht auch Folge menschlichen Versagens sind. Ganz konkret: Wo liegt die Schuld der Politiker?

Ausgelöst haben diese Debatten die Feuerbilder aus Portugal. Dort hatten vor einem Monat bei Waldbränden in einer dünn besiedelten Region 70 Menschen den Tod gefunden, die meisten waren auf der Flucht vor einer Feuerwalze in ihren Autos verbrannt.

Sie hatten sich in einem Konvoi über eine Landstraße in Sicherheit bringen wollen, ohne zu ahnen, dass die Straße nach ein paar Kilometern durch einen anderen Waldbrand versperrt war. Weder vor noch zurück konnten die Menschen. Am Ende gingen die Bilder von den ausgebrannten Autowracks inmitten verkohlter Baumstümpfe um die Welt.

Die Bilder der brennenden Wälder Portugals brachten die Debatte in Gang. (Foto: Getty Images)

Es war ein Trockengewitter, das die Waldbrände in Portugal ausgelöst hatte: Der Regen verdunstete wegen der hohen Temperaturen bereits in der Luft und erreichte die Erde nicht, mehrere Blitze schlugen in den zundertrockenen Boden ein. Das wirklich Verheerende in dieser Situation war jedoch, dass in den Wäldern der Region fast ausschließlich Eukalyptusbäume und Pinien wuchsen.

Beide Holzarten fangen sehr leicht Feuer, vor allem der Eukalyptus, dessen Holz stark ölhaltig ist - bei Feuer explodieren seine Stämme sogar. Wenn dann noch Wind herrscht, wird die brennende Rinde weitergetragen, sodass innerhalb kürzester Zeit viele Hektar in Flammen aufgehen.

Es brauchte die Feuerbilder aus Portugal

Der Eukalyptusbaum stammt aus Australien, er wurde in den letzten Jahrzehnten in Portugal und vielen Mittelmeerregionen angepflanzt, vor allem, weil er rasch wächst, woran die Papierindustrie ein großes Interesse hat. Und auf Pinien setzen in ähnlicher Weise die Möbelhersteller.

Zwar warnten Naturschützer seit Langem vor der Anfälligkeit dieser Waldstruktur für Flächenbrände, sie wurde aber ignoriert. Sogar die EU förderte mit Millionen die Ausweitung der Waldflächen mit Eukalyptus. Es hat also erst die bedrückenden Feuerbilder aus Portugal gebraucht, damit die Kritiker dieser Monokultur wirklich Gehör finden.

Inzwischen geht man davon aus, dass die Katastrophe in traditionellen Mischwäldern mit europäischen Bäumen nicht dieses Ausmaß angenommen hätte. Denn bei Mischwäldern mit dichtem Buschwerk trocknet der Boden nicht aus. Und so hat die Regierung in Lissabon nach den jüngsten Erfahrungen jetzt beschlossen, weniger Eukalyptus anzupflanzen. Mischbepflanzung ist jetzt angesagt.

Auch in Italien, Kroatien und Montenegro, wo in diesen Tagen Hunderte Feuerwehreinsätze gefahren werden mussten, verlangen Experten ein Umdenken bei der Aufforstung. Mülldeponien zum Beispiel sollen besser gesichert werden und über Anschlüsse für Löschwasser verfügen - wie es die Vorschriften längst verlangen. Sowohl in Italien als auch in Kroatien brannten zuerst die Mülldeponien und dann die Wälder.

Was in den Wäldern um die großen Touristengebiete allerdings noch dazukommt, ist Brandstiftung. Es geht dabei meist um neues Bauland für Hotels und Ferienwohnungen. Das Großfeuer, das gerade die kroatische Küstenstadt Split bedrohte, könnte zum Beispiel von Menschen gelegt worden sein.

Letztendlich, so befanden manche Kommentatoren, schadeten einige wenige Habgierige der Bevölkerung einer ganzen Region, hier müsse das Strafrecht verschärft werden. Es dauert meist 15 bis 20 Jahre, bis eine Landschaft die Folgen eines Großbrandes überwunden hat.

Mehr Löschflugzeuge? Ein besseres Hydrantensystem? Ein stabileres Handynetz?

Und so denken Politiker von Portugal bis Kroatien über Sofortmaßnahmen nach: mehr Löschflugzeuge, Ausbau des Hydrantensystems auch an Waldrändern, bessere Auswertung der Satellitenbilder, Druck der Behörden auf private Waldbesitzer, alle Sicherheitsmaßnamen einzuhalten, vor allem die gesetzlich vorgeschriebenen Zufahrtswege zu pflegen und nicht zuwachsen zu lassen.

Auch die Fernmeldetechniker sind gefragt: Wie lässt sich verhindern, dass bei Waldbränden die Kommunikation über Handy in der betroffenen Region zusammenbricht?

Naturschützer fordern jetzt sogar ein noch grundsätzlicheres Umdenken, natürlich in der Politik. Die südeuropäischen Länder sollten Milliarden für die Anlage neuer Mischwälder ausgeben, nicht zuletzt, um der allgemeinen Erderwärmung entgegenzuwirken. Auch die EU ist gefragt.

Wirtschaftshistoriker führen an, dass seit der Römerzeit die massive Abholzung von Wäldern für den Schiffsbau unter dem Strich für die betroffenen Regionen nur Nachteile hatte. Weite Landstriche seien verkarstet, der Prozess schreite immer noch fort, es sei höchste Zeit, hier eine Wende einzuleiten. Schlicht und doch treffend formulierte es der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella, der kürzlich sagte: "Die Waldbrände verunstalten die Schönheit unserer Heimat!"

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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