Vergewaltigte und getötete 16-Jährige in Indien:Polizisten wollten angeblich Leichnam des Opfers einäschern

Lesezeit: 2 min

Feministinnen, die durch Indiens Straßen ziehen und demonstrieren, damit endlich etwas gegen die Gewalt unternommen wird. Nach der brutalen Ermordung einer 16-Jährigen will die Regierung solche Bilder offenbar unbedingt verhindern. Der Vorwurf: Polizisten sollen versucht haben, die Leiche des Mädchens wegzuschaffen und so einen Trauerzug zu verhindern.

Sechs Männer lauern in der Kleinstadt Madhyamgram in Indien einer 16-Jährigen auf, schleppen sie in ein Bauernhaus, jeder der Männer vergewaltigt sie dann. Nach der brutalen Tat nimmt die Schülerin all ihren Mut zusammen, geht zur Polizei, trotz der Gefahr, als unehrenhaft zu gelten und aus der Gesellschaft ausgestoßen zu werden. Die Männer erfahren davon, und vergehen sich noch einmal an ihr - als Strafe für die Anzeige.

Das alles ereignete sich schon im Oktober, doch erst in den vergangenen Tagen berichteten indische Medien davon. Da war die junge Frau schon tot. Sie starb an Silvester an schweren Verbrennungen, die ihr von Bekannten der Vergewaltiger zugefügt worden sein sollen. Diese verschafften sich laut den Berichten Zugang zur Wohnung der Familie, übergossen die 16-Jährige mit Benzin und legten Feuer.

"Sie wurde angezündet, damit sie vor Gericht nicht aussagen kann. So fällt der Vergewaltigungsvorwurf nämlich in sich zusammen", sagte ihr Vater dem Nachrichtensender NDTV.

Schwere Vorwürfe gegen die Polizei

Seit dem grausamen Tod des Mädchens ist der Bundesstaat Westbengalen in Aufruhr, Protestzüge ziehen durch Kolkata (früher Kalkutta), und vielerorts in Indien wird diskutiert, ob sich ein Jahr nach der tödlichen Gruppenvergewaltigung in Neu Delhi immer noch nichts verändert hat. Ob Indien noch immer Frauen verachtet und missbraucht werden - trotz schärferer Gesetze gegen Sexualstraftäter, trotz medialer Aufmerksamkeit für solche Fälle und trotz zahlloser Kampagnen.

Die nahmen ihren Anfangspunkt am 16. Dezember 2012: Damals war in der indischen Hauptstadt eine Studentin vergewaltigt und gefoltert worden. Knapp zwei Wochen nach der Tat starb sie.

Schwere Vorwürfe werden jetzt, nach dem neuerlichen Vorfall vor allem gegen die Polizei laut: Warum schützte sie die 16-Jährige nicht, nachdem sie sich den Beamten anvertraut hatte? Wieso konnten Männer, die von dem Vorfall hörten, das Mädchen nach den Vergewaltigungen im Oktober über Wochen hinweg immer wieder belästigen, ohne dass etwas unternommen wurde? Wieso wurde keine psychologische Hilfe angeboten, als die Familie wegen des Traumas umziehen musste?

Besonders tragisch, und eine weitere Parallele zur Gruppenvergewaltigung in Neu Delhi: Die Familie war nur deswegen einige Monate zuvor in den Vorort von Kolkata gezogen, weil das Mädchen dort auf bessere Bildung hoffte. "Sie wollte Lehrerin werden und die Familie aus der Armut führen. Nun sind all unsere Träume zerstört", sagte ihre Mutter der Zeitung Times of India.

Wollte die Regierung einen öffentlichen Trauerzug verhindern?

Mittlerweile sind sechs Verdächtige festgenommen worden. Und die Polizei fand heraus, dass das Opfer schwanger war - von wem, ist noch unklar.

Auch die Regierung von Westbengalen steht inzwischen in der Kritik. Denn nach dem Tod des Mädchens sollen Polizisten versucht haben, den Leichnam überhastet und mitten in der Nacht wegzuschaffen und einzuäschern. Damit sollte wohl verhindert werden, dass die Familie wie geplant einen Leichenzug durch Kolkata organisieren kann, um öffentlich auf ihr Leid hinzuweisen, vermuten Oppositionspolitiker. Regierungsmitglieder hingegen unterstellen den linken Parteien, sie wollten den Tod des Mädchens politisch instrumentalisieren und für Proteste gegen die Regierung nutzen.

"Selbst wenn das stimmt: Das ist doch egal, denn sie protestieren für die richtige Sache", sagt die Feministin Kamla Bhasin. "Die Opfer sollen den Mut haben, den Mund aufzumachen", sagt auch Gopa Basu. Sie organisierte am Donnerstag mit mehr als 30 zivilgesellschaftlichen und Frauenrechtsgruppen eine große Kulturveranstaltung, um auf die physische und psychische Gewalt gegen Frauen in Indien aufmerksam zu machen - und das ausgerechnet in Kolkata. Das Schweigen müsse gebrochen werden, auch um den Opfern zu zeigen, dass sie nicht bloß Einzelfälle sind. Basu sagt: "Wir müssen den Übeltätern zeigen, dass wir keineswegs gewillt sind, das länger hinzunehmen."

© dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: