USA:Und tschüss!

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Ja, so kann’s gehen: Zuerst kriegt Frauchen nicht genug von einem und dann wird man plötzlich in einer überwachten Hightech-Hundehütte geparkt. (Foto: Dog Parker)

In New York wächst die Zahl von Hightech-Hundehütten mit Klimaanlage, UV-Licht und Videoüberwachung. Das gefällt nicht allen. Die ersten sprechen schon von "Hundeknast", von "Abstellkisten" und "Tierschließfächern".

Von Stefan Wagner, New York

So ganz sicher ist sich Riley nicht. Erst weicht er etwas zurück, als sich die Türe öffnet, dann schnüffelt er an dem weißen Aluminiumkasten, schließlich setzt er vorsichtig den ersten Fuß hinein, es folgt der zweite, der dritte, der vierte. "Well done", ruft Traci Gillers, 34, New Yorkerin, klatscht in die Hände und streichelt ihren beigefarbenen Labrador, der stolz mit dem Schwanz wackelt. Dann schließt sie sanft die Türe und winkt Riley zum Abschied zu.

Der weiße Aluminiumkasten in Hausform mit Spitzgiebel ist ein "Dog Parker". Vor knapp einem Jahr tauchten die ersten Exemplare in Brooklyn auf, inzwischen sind es mehr als 50 Stück. Es sind "Smart Homes" für Hunde, deren Besitzer kurz mal etwas einkaufen oder einen schnellen Kaffee trinken wollen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass ihre angebundenen Haustiere gestohlen werden oder sich nicht wohlfühlen. Es sind vollüberwachte Hightech-Hundehütten.

Der Mensch hat schon so dermaßen viele Lebensbereiche mit Sensoren, Kameras und Apps überzogen, dass er jetzt auf den Hund gekommen ist. Und praktischerweise sagt der auch nicht Nein.

Die kleinen Hundeparkhäuser sind mit Heizung, Frischluftzufuhr, Klimaanlage, einer Videokamera und UV-Licht ausgerüstet, das in den Leerzeiten zwischen den Hundegästen Bakterien, Viren und Schimmelpilze abtöten soll. Jeden Tag kommt jemand, der die Box gründlich reinigt, so die Eigenwerbung des New Yorker Start-ups. Abgerechnet wird das Ganze wie beim Carsharing: Registrierung. App, die freie Boxen anzeigt. Zugang mit einer Dog-Parker-Karte. Ist die Türe zu und der Hund verstaut, kostet der Aufenthalt 20 Cent pro Minute für höchstens 90 Minuten. Livebilder des Hundes? Klar, via Smartphone.

Chelsea Brownridge, 33, hatte die Idee mit den kleinen Luxuskabinen vor drei Jahren. "Ich fand es immer schwierig, mit meinem Terrier-Mischling Winston zum Einkaufen zu gehen. Ich wollte ihn am Abend nach der Arbeit nicht noch länger alleine zu Hause lassen. Im Auto einsperren ging nicht. Das Anbinden vor dem Supermarkt war auch nicht so toll, immer wieder mal gab es Zwischenfälle mit anderen Hunden oder Leuten, die Winston ärgerten oder streicheln wollten." Inzwischen hat sie 50 Mitarbeiter. Cafés, Geschäfte, Kunden - alle begeistert.

Von "Hundeknast" ist die Rede, von "Abstellkisten" oder "Tierschließfächern"

Die letzten Wesen, die bei der digitalen Volldurchdringung des Lebens teilnahmslos neben ihren twitternden Herrchen und Frauen standen, hat es jetzt also auch erwischt. Immerhin: Es gibt Kritiker.

Von "Hundeknast" ist die Rede, von "Abstellkisten" oder "Tierschließfächern". Die Kolumnistin der Hundefreunde-Website Dogster, Sassafras Lowrey, sagt: "Das ist nicht in Ordnung, es ist mein Job als Besitzerin, meine Hunde nicht in belastende oder unsichere Situationen zu bringen, nur um mein Bedürfnis danach zu befriedigen, mich mit meinen Freundinnen zum Brunch zu treffen."

Auch in den Kommentarkolumnen anderer Haustierwebsites tobt die Diskussion. Eine schreibt: "Wenn ich meinen Hund da reinsperre, wird er sich einen anderen Menschen suchen, sobald er rauskommt." Eine andere: "Ganz ehrlich, brillante Idee. Es muss ja niemand machen, wenn er es nicht will, aber die Option zu haben, kann das Leben vieler Hunde zum Guten verändern, die sonst irgendwo angebunden oder zu Hause gelassen werden würden."

Chelsea Brownridge, die Erfinderin, beschwichtigt. Jeder Hund sei anders, sagt sie, und, ja, selbstverständlich müssten die Herrchen und Frauchen ihren Haustieren Zeit geben, die neue Umgebung kennenzulernen. "Für manche Hunde ist das vielleicht wirklich nichts, das muss man dann eben akzeptieren, schließlich geht es darum, dass Dog Parker für beide funktioniert: Hund und Besitzer."

Im kommenden Jahr plant Dog Parker weitere Hütten in San Francisco, Atlanta und Toronto. "Wir haben Anfragen aus Großbritannien und Italien, stehen in Gesprächen mit Investoren in Spanien, Israel und Deutschland", sagt Brownridge. Ein potenzieller Partner in München würde derzeit das Dog-Parker-Konzept testen.

Bei der Ausstattung der Hightech-Hütten ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Eines der nächsten Features wird Musik sein, die über bereits eingebaute Lautsprecher im Innenraum abgespielt werden kann. Für manche Hunde, sagt Brownridge, sei das sehr beruhigend. Zunächst wird die Entspannungsmusik von Dog Parker eingespielt werden, später können Besitzer vielleicht die Musik für ihre Hunde individuell aussuchen. Wie wäre es mit: "Who Let the Dogs Out?"

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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