USA:Schüsse in Zeitungsredaktion nahe Washington - fünf Tote

Lesezeit: 3 min

  • In der Redaktion einer Zeitung im US-Bundesstaat Maryland hat es am Donnerstagnachmittag einen Angriff mit Schusswaffen gegeben.
  • Fünf Menschen kamen ums Leben, zwei weitere wurden verletzt.
  • Die Polizei hat einen Verdächtigen festgenommen und identifiziert. Der 38-Jährige soll sich auf einer Art Rachefeldzug gegen die Zeitung befunden haben.

Ein Bewaffneter ist am Donnerstagnachmittag in eine Zeitungsredaktion im US-Bundesstaat Maryland eingedrungen und hat das Feuer eröffnet. Fünf Menschen kamen ums Leben. Vier Opfer verstarben noch am Tatort, eine Frau später im Krankenhaus. Zusätzlich wurden in den Büros der Capital Gazette in Annapolis zwei Personen verletzt. Der Angreifer konnte nach der Bluttat von der Polizei festgesetzt werden. Die Ermittler gehen von einem Einzeltäter aus.

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Wie die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf Polizeikreise berichtet, verweigerte der Verdächtige zunächst die Kooperation. Einem Ermittler zufolge verstümmelte sich der Mann vor der Tat zudem die Finger. Damit habe er offenbar einen Abgleich seiner Fingerabdrücke durch die Polizei verhindern wollen. Trotzdem sei es mittels Gesichtserkennungstechnologie gelungen, ihn zu identifizieren. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge handelt es sich um einen 38-Jährigen, der offenbar auf einem Rachefeldzug gegen die Zeitung war.

Motiv: Rache?

Sowohl die Capital Gazette selbst, als auch die Sender CNN und CNBC berichten, der mutmaßliche Schütze habe 2012 eine Verleumdungsklage gegen die Gazette angestrengt, die aber abgelehnt wurde. Hintergrund der Klage war demnach ein Artikel, in dem es um einen Stalking-Fall ging, in den der Verdächtige verwickelt gewesen sein soll. 2015 gab das zweithöchste Gericht in Maryland abermals der Zeitung recht und entschied, dass die Klage nicht zulässig sei. Ob Drohungen gegen die Gazette, die unter anderem am Tattag in sozialen Medien gepostet wurden, auch von dem Verdächtigen stammen und mit dem Angriff in Verbindung stehen, prüfen die Ermittler derzeit.

"Diese Person war bereit, Menschen zu erschießen. Seine Intention war es, Leid zu verursachen", sagte der Polizeichef. Der Schütze benutzte bei der Tat demnach eine Langwaffe. Außerdem stellte die Polizei Rauchgranten sicher. Der Mann ist inzwischen wegen fünffachen Mordes angeklagt. Eine erste Anhörung vor dem zuständigen Gericht ist für Freitagmorgen (Ortszeit) geplant.

In dem Gebäude, in dem sich die Zeitungsredaktion befindet, sind auch Geschäfte untergebracht. Insgesamt arbeiteten dort zum Zeitpunkt des Angriffs mehr als 170 Menschen. Die Polizei räumte das Areal und rief die Bevölkerung auf, sich fernzuhalten. "Jeder ist hierhergekommen, um so viele Menschen wie möglich in Sicherheit zu bringen. Wir haben viele Einsatzkräfte hier", sagte ein Sprecher der Polizei. Die ersten Einsatzkräfte seien innerhalb von 60 Sekunden vor Ort gewesen. Es wurde eine Sammelstelle für Familien und Angehörige eingerichtet.

"Capital Gazette" berichtet selbst über den Anschlag

Die Capital Gazette berichtet online auch selbst über das Geschehen (Hinweis: Der Link ist aus Europa derzeit nicht abrufbar). Allerdings handelt es sich bei den zuständigen Reportern um Kollegen der Mutterzeitung Baltimore Sun. Phil Davis, ein Polizeireporter des Blatts, der sich zum Zeitpunkt des Angriffs in der Redaktion befand, schrieb auf Twitter: "Ein Schütze hat durch die Glastür des Büros geschossen und das Feuer auf mehrere Mitarbeiter eröffnet. Ich kann nicht viel mehr sagen und will niemanden für tot erklären, aber es ist schlimm." Es gebe nichts Beängstigenders, als zu hören, wie mehrere Menschen erschossen würden, während man unter seinem Tisch hocke und höre, wie der Schütze neu lade. In einem späteren Tweet betonte Davis, dass er erst zu twittern begonnen habe, als er sich bereits in Sicherheit befunden habe.

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Er habe sich gefühlt wie in einem "Kriegsgebiet". Es werde ihm wohl noch eine Weile schwerfallen, das Geschehene zu beschreiben. "Ich bin Polizeireporter. Ich schreibe ständig über solche Sachen - nicht unbedingt in diesem Ausmaß, aber ich schreibe über Schießereien und Tod. Aber so sehr ich mich auch bemühe, auszudrücken, wie traumatisch es ist, sich unter seinem Schreibtisch verstecken zu müssen, du weißt nicht wirklich, wie es ist, bist du dort sitzt und dich hilflos fühlst." Ein Kollege von Davis, Gazette-Redakteur Jimmy DeButts, schrieb ebenfalls auf Twitter, er sei am Boden zerstört, sein Herz sei gebrochen. "Die Reporter und Redakteure der Gazette geben jeden Tag alles, was sie haben. Wir haben keine 40-Stunden-Wochen und bekommen keine großen Gehaltsschecks - wir haben nur eine Leidenschaft fürs Geschichtenerzählen und unsere Gemeinde."

Davis berichtete seinen Kollegen, der Angreifer habe aufgehört zu schießen, als er sich mit anderen noch unter den Schreibtischen versteckt habe. "Ich weiß nicht, warum. Ich weiß nicht, warum er aufgehört hat zu schießen." Dann sei die Polizei eingetroffen und habe den Mann umzingelt. Der Polizei zufolge kam es nicht zu einem Schusswechsel mit dem mutmaßlichen Täter.

Gouverneur zeigt sich betroffen

Annapolis, die Hauptstadt von Maryland, liegt etwa eine Stunde östlich der US-Hauptstadt Washington. Die Capital Gazette zählt zu den ältesten Tageszeitungen in den USA. Die Polizei ist mittlerweile auch in der Redaktion der Baltimore Sun vor Ort, zu der die Capital Gazette gehört. Das soll aber nur eine Vorsichtsmaßnahme sein. US-Präsident Donald Trump ließ sich nach Angaben des Weißen Hauses über die Geschehnisse in Annapolis auf dem Laufenden halten.

Der Gouverneur des Bundesstaates Maryland, Larry Hogan, zeigte sich betroffen. "Ich war völlig bestürzt, als ich von dieser Tragödie in Annapolis erfuhr", schrieb er auf Twitter. Er forderte die Bevölkerung auf, allen Anweisungen der Behörden Folge zu leisten. "Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Angehörigen der Opfer", sagte er bei einer Pressekonferenz.

In den vergangenen Monaten hat es in den USA zahlreiche tödliche Schießereien gegeben. Die Debatte über eine Verschärfungen des US-Waffenrechts ist emotional aufgeladen. US-Präsident Trump unterstützt darin die mächtige Waffenlobby NRA.

© SZ.de/AFP/AP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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