USA:"Hände weg von meinem Körper!"

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In Amerika protestieren Frauen gegen ein neues Abtreibungsgesetz. Den Gouverneur von Indiana, Mike Pence, bombardieren Aktivistinnen mit "Menstruations-Mails".

Von Sacha Batthyany, Washington

Seit einem Monat erhält der Gouverneur von Indiana, Mike Pence, nahezu täglich wütende Briefe und Anrufe von Frauen, die ihm detailreich von ihrer Menstruation erzählen. Sie laden den 57-jährigen Republikaner zu ihrem Gynäkologen ein oder twittern mit dem Hashtag #periodsforpence: "Achtung, ich habe eben meinen Tampon gewechselt. Muss ich nun ins Gefängnis?"

Begonnen hat dieser gewaltlose, aber blutige Protest, kurz nachdem Pence ein neues Gesetz unterschrieben hatte, das es Frauen in seinem Staat erschwert, Abtreibungen vorzunehmen. Das Parlament hatte entschieden, den Abort von Föten mit Verdacht auf Downsyndrom zu verbieten. Außerdem müssten Föten bei Fehlgeburten oder Abtreibungen begraben oder kremiert werden, auch das sieht das neue Gesetz vor, was letztlich zu den Protesten führte, nicht nur im Internet. Vor dem Rathaus versammelten sich Tausende Demonstranten und hielten Tafeln hoch: "Hände weg von meinem Körper!" Oder: "Wir wollen nicht ins Jahr 1950 zurück!"

Eingriff der Politik: Per Gesetz werden Abtreibungen in Indiana erschwert, dagegen protestieren Hunderte in Indianapolis. (Foto: Mykal McEldowney/AP)

Gouverneur Pence weiß nun alles über die Menstruation der Frauen in Indiana

"Jede Menstruation könnte eine Fehlgeburt sein, ohne dass wir es überhaupt merken", steht auf der Facebook-Seite "Periods for Pence", auf der dazu aufgerufen wird, dem Gouverneur von nun an "alles über unsere Blutungen zu erzählen". Seitdem also wird Pence mit Menstruationsbeschwerden bombardiert: "Meine Periode ist seit vier Tagen fällig. Hoffe, ich bin nicht schwanger, aber ich kenn mich da nicht so aus. Irgendwelche Ratschläge?" Wenn sich Pence schon in Körperangelegenheiten einmische, heißt es auf Facebook, "soll er auch informiert werden". Vorbild für die Protestaktionen waren Frauen aus dem Bundesstaat Kentucky, die sich ebenfalls über die sozialen Medien an ihren Gouverneur wandten, nachdem ein Gesetz verabschiedet worden war, wonach Frauen, die eine Abtreibung vornehmen wollen, tags zuvor eine Beratung aufsuchen müssen.

Mike Pence, 56, geboren in Colmbus, Indiana, ist seit drei Jahren Gouverneur des US-Bundesstaates Indiana. Von 2001 bis 2013 gehörte der Republikaner dem Repräsentantenhaus an. (Foto: AJ Mast/AP)

Abtreibungen sind in den USA seit einer umkämpften Grundsatzentscheidung des Supreme Court 1973 landesweit erlaubt, doch besonders konservative Staaten haben dies nie wirklich akzeptiert. Inzwischen ermöglichen nur noch sieben Bundesstaaten und der Distrikt um die Hauptstadt Washington Abtreibungen ohne Einschränkung. Über das Thema wird in den USA seit jeher emotional debattiert, auch im Wahlkampf. Donald Trump meinte unlängst gar, Frauen sollten nach einer Abtreibung "bestraft" werden, doch nahm er den Satz mittlerweile zurück. Immer wieder kommt es auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern ("Pro Choice") und Gegnern ("Pro Life") von Abtreibungen. Frauen wird vor Kliniken der Weg versperrt; Pro-Life-Aktivisten stellen Patientinnen im Internet mit Foto als Babymörder an den Pranger und attackieren Ärzte, die Abtreibungen vornehmen. Im vergangenen Jahr erschoss Abtreibungsgegner Robert Dear in einer Klinik in Colorado drei Menschen.

Gouverneur Pence, der nun alles über die Menstruationsbeschwerden der Frauen in Indiana weiß, fällt nun nicht zum ersten Mal mit einer polarisierenden Entscheidung landesweit auf. Im vergangenen Jahr nahm er Bäcker seines Staates in Schutz, die sich weigerten, gleichgeschlechtlichen Paaren Hochzeitstorten auszuliefern - und formulierte ein Gesetz, wonach es Geschäftsinhabern erlaubt ist, aus religiösen Gründen Aufträge zu verweigern.

Entsprechend unbeeindruckt zeigt er sich jetzt. Er habe gebetet, während er das Gesetz unterschrieb, ließ er lediglich verlauten.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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