Türkei:Mann erschießt vier Menschen an Universität

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Sicherheitskräfte am Eingang der Osmangazi-Universität. (Foto: AP)

Der mutmaßliche Täter war Forschungsassistent an der Hochschule der anatolischen Großstadt Eskişehir. Er wurde festgenommen.

Von Christiane Schlötzer, München

Ein bewaffneter Angreifer hat an der Osmangazi Universität in der anatolischen Großstadt Eskişehir am Donnerstagnachmittag vier Menschen erschossen. Der Mann war selbst an der staatlichen Hochschule als Forschungsassistent beschäftigt. In dem Gebäude der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät tötete er in verschiedenen Stockwerken erst einen Sekretär, dann den Vizedekan und zwei weitere Akademiker mit mehreren Schüssen, wie der Rektor der Universität, Hasan Gönen, türkischen TV-Stationen sagte.

Das Motiv des Täters war zunächst unklar, von einem möglichen persönlichen Disput war in ersten Medienberichten die Rede. Die Webseite der Zeitung Hürriyet meldete unter Berufung auf den Rektor, der Mann, Volkan B., 37, habe andere Akademiker beschuldigt, zur Organisation des in den USA lebenden türkischen Predigers Fethullah Gülen zu gehören, die Präsident Recep Tayyip Erdoğan für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich macht. Eine Professorin sagte, einige Akademiker seien deshalb sogar angeklagt worden, ihr Mann habe wegen B. die Uni verlassen müssen. Gegen den Täter lief allerdings auch eine Untersuchung. "Er war eine Person, vor der man Angst hatte", sagte der Rektor. Vermutlich hatte B. es auf den Dekan der Fakultät abgesehen, der war jedoch nicht im Büro. Er habe noch auf einen weiteren Universitätsangestellten gezielt, "aber die Kugel klemmte", so Rektor Gönen. Nach der Tat versuchte B. mit der Pistole in der Hand zu fliehen, wurde aber von Sicherheitskräften überwältigt und festgesetzt. Im türkischen Fernsehen waren Bilder vom Campus der Universität zu sehen, sie zeigten Studenten, die sich, teils in Panik, unter Zeltdächern in Gruppen versammelten. Angehörige der Opfer eilten zur Uni, als der Angriff bekannt wurde.

Eskişehir liegt etwa 300 Kilometer östlich von Istanbul. An türkischen Universitäten gibt es gewöhnlich Eingangskontrollen. Da der Mann an der Uni tätig war, konnte er diese wohl leicht passieren.

Gewalt an Universitäten kommt immer wieder mal vor, aber wenn, wird sie eher mit Fäusten oder auch mit Schlagstöcken ausgetragen - gewöhnlich unter politisch verfeindeten Studentengruppen. Für Unruhe an vielen Hochschulen hatten zuletzt aber die Massenentlassungen von Akademikern nach dem Putschversuch gesorgt. Ein Ereignis wie jetzt in Eskişehir hat es in der Türkei jedoch seit Jahrzehnten nicht gegeben.

© SZ vom 06.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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