Tourismus:Berliner Bus- und Bettage

Berlin ist um eine neue, alte Attraktion reicher. Ab sofort fahren wieder drei "Decksitzwagen" durch die Stadt, wie in den 1920er-Jahren. Ob es den Touristen auf dem offenen Verdeck leichter fällt, die Goldene Else zu knipsen?

Von Martin Zips

Vom Berliner Maler Heinrich Zille (1858-1929) ist der kluge Gedanke überliefert, dass der Mensch zum Erwachsenwerden das Abenteuer braucht: "Und nun ihr alle, die ihr jung seid, auf die wir hoffend sehen, hinaus in die Sonne, in's Freie, in die Weite, in die Gefahren - in der Badewanne lernt man nicht schwimmen." Mit der Weite und den Gefahren kann Zille nur den Berliner Stadtverkehr gemeint haben, der auch heute noch zwischen Bergmannstraße und Wilhelmsruh eine dermaßene Challenge ist, dass es der Sau graust. Vor allem, wenn sich der bayerische Tourist in einem dieser feuchtwarmen Doppeldeckerbusse im Kreisverkehr mit zehn Asiaten um die beste Fotoperspektive auf die Goldene Else streiten muss. Ab sofort bereichern jetzt wieder drei Nachbauten (großes Bild) sogenannter "Decksitzwagen" aus den 1920er Jahren (kleines Bild) das Berliner Straßenbild. Der Unternehmer, der sie erworben hat, vermarktet sie als "Zille-Busse". Zille gehört zu Berlin wie Ganymed, Sea Life und Konnopke. Der Tourist kann auf den Bussen Rundfahrten buchen. In die Sonne? In's Freie? In die Weite? Eher wohl in die Gefahr. Aber gut, so ein Decksitzwagen ist auch keine Badewanne.

© SZ vom 11.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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