Tierschutz:Schnappt Schnappi

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In Costa Rica tobt ein Streit darüber, ob es zu viele Krokodile gibt. Ein surfender Jurist hat die Regierung verklagt - wegen ihres vorbildlichen Tierschutzprogramms.

Von Boris Herrmann

Krokodile gibt es seit mehr als 200 Millionen Jahren, der moderne Surfsport ist gut 100 Jahre alt. Das ist nicht unerheblich für jene aufgeregte Krokodil- und Surfer-Debatte, die gerade in Costa Rica geführt wird. Es geht um die Grundsatzfrage: Wer stört hier eigentlich wen? Der surfende Jurist Walter Brenes aus der nordwestlichen Provinz Guanacaste klagt gegen die Regierung, weil sie zu wenig gegen das erhöhte Krokodilaufkommen in den Wellen vor der Pazifikküste unternehme. Tierschützer halten dagegen, es werde zu viel im natürlichen Habitat der Wildtiere gesurft.

Das Problem ist das Ergebnis einer weltweit anerkannten Erfolgsgeschichte. Costa Rica gilt als Naturschutzstreber. Bis zum Jahr 2021 will es seinen Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugen. Auch die Waldflächen und Schutzgebiete wachsen stetig im Musterland für Ökotourismus. Von dieser Politik profitiert auch das Spitzkrokodil, dessen einstmals bedrohte Population sich in den vergangenen 20 Jahren erholt hat - zum Leidwesen von Badegästen und Surfern. In diesem Jahr wurden in Costa Rica bereits sieben Menschen von Krokodilen angegriffen, in einem Fall endete das tödlich. Einem Surfer aus den USA wurde ihm Juli nach einer Krokodil-Attacke ein Bein amputiert. Im Oktober fand im Badeort Esterillos ein internationales Surf-Event statt. Zweimal mussten die Sportler dabei wegen Krokodil-Alarms aus dem Wasser flüchten. Danach eskalierte der Streit.

Kläger Brenes sagte der Zeitung La Nación, die Behörden müssten sich endlich dieses "sehr ernsthaften Problems" annehmen. Es sei inakzeptabel, dass mit dem Verweis auf den Tierschutz Menschen in Gefahr gebracht und Touristen abgeschreckt würden. Die Krokodil-Überpopulation schade dem Image des Landes. Die Reptilien-Expertin Laura Porras hält das für Unsinn. "Wenn die Population zu groß wird, fressen die Tiere sich gegenseitig auf", sagt Porras. "Warum fressen sie dann uns?", fragen sich die Surfer. Das Umweltministerium ist um Deeskalation bemüht. Ein aktenkundiges Exemplar wurde aus dem Badeort Tamarindo in ein Schutzgebiet gebracht, wo es unter Behördenaufsicht steht. Es habe mit dem Angriff auf einen Surfer "eine rote Linie" überschritten.

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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