Suche nach Brandursache in Backnang:Polizei prüft Stromleitung

Lesezeit: 2 min

Kinder stehen an diesem Montag in der Nähe des Hauses, in dem bei einem Brand sieben Kinder und ihre Mutter ums Leben gekommen sind. (Foto: dpa)

Zuerst vermuteten die Ermittler einen Holzofen als Ursache des tödlichen Feuers in Backnang, bei dem acht Menschen ums Leben kamen. Jetzt werden auch die Stromleitungen des Hauses geprüft. Ein früherer Mieter hatte von Problemen mit der Elektrik berichtet.

Wie konnte es zu dem verheerenden Feuer im baden-württembergischen Backnang kommen, bei dem in der Nacht zum Sonntag acht Menschen ums Leben kamen? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben die Ermittler eine groß angelegte Untersuchung begonnen. "Wir sind mit großem Aufgebot dabei", sagte ein Polizeisprecher.

Nachdem die Feuerwehr zunächst davon ausgegangen war, dass ein Holzofen den Brand ausgelöst hatte, werden nun auch die Stromleitungen des Mehrfamilienhauses überprüft. Der Mieter, der die Wohnung vor der türkischstämmigen Familie bewohnte, hatte noch am Brandort von Problemen mit der Elektrik berichtet.

"Ein technischer Defekt im Gebäude ist am wahrscheinlichsten", sagte der leitende Kriminaldirektor Ralf Michelfelder am Montagnachmittag. Auf Brandstiftung gebe es weiterhin keine Hinweise, dennoch werde in alle Richtungen ermittelt.

Türkische Opposition schickt Delegierte nach Backnang

Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül hat unterdessen eine vollständige Aufklärung der Brandkatastrophe gefordert. "Leider gab es in der Vergangenheit Feuer, Brandstiftungen, Morde an unseren Bürgern. Deswegen prüfen wir alle Eventualitäten", sagte Gül am Montag laut türkischen Medien. Er betonte jedoch, "jetzt schon etwas zu sagen, wäre nicht richtig". Die Türkei werde der Sache auf den Grund gehen.

Die türkische Opposition will sich in Backnang selbst ein Bild machen. Zwei Mitglieder der Republikanischen Volkspartei (CHP) seien am Sonntag abgereist, berichteten türkische Medien. Seine Partei erwarte eine Aufklärung der Umstände, die alle Zweifel ausräumen müsse, sagte der CHP-Auslandskoordinator Ali Kilic demnach.

Der größte islamische Dachverband in Deutschland, Ditib, forderte Ermittlungen in alle Richtungen. Die deutschen Sicherheitsbehörden dürften keine Option vorschnell außer Acht lassen, hieß es von Seiten der türkisch-islamischen Union in Köln. "Man darf Spekulationen und Verschwörungstheorien keinen Raum bieten", sagte der Vorsitzende der Religionsgemeinschaft des Islam, Ali Demir. "Im Hinterkopf der Menschen ist häufig, dass sie in Deutschland Fremden- und Türkenhass ausgesetzt sind."

Kanzlerin Merkel "zutiefst erschüttert"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte bestürzt auf den tödlichen Brand. Die Kanzlerin sei zutiefst erschüttert über die furchtbare Katastrophe, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter. Mit Blick auf skeptische Äußerungen aus der Türkei zur deutschen Ermittlungsarbeit sagte Streiter: "Die Bundeskanzlerin hat keinen Zweifel, dass die zuständigen Stellen nicht ruhen werden, bis die Brandursache aufgeklärt ist."

Die Polizei wollte am Montag auch Augenzeugen des Feuers vernehmen, bei dem eine 40-jährige Mutter und sieben ihrer zehn Kinder im Alter von sechs Monaten bis 16 Jahren ums Leben gekommen waren. Am frühen Sonntagmorgen hatten auch Privatleute bei der Bekämpfung des Brandes geholfen. Der Betreiber eines benachbarten Lokals rettete drei Mitglieder der Großfamilie. Die Überlebenden - Mutter, Bruder und der elfjährige Sohn der verstorbenen 40-Jährigen - seien noch in psychologischer Behandlung in der Klinik, hieß es.

Auch der getrennt von der Familie lebende Vater wird betreut. Die Leichen der Mutter und der Kinder werden an diesem Montag obduziert. Es wird davon ausgegangen, dass sie im Schlaf von dem Brand überrascht wurden und erstickt sind.

© Süddeutsche.de/dpa/feko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: