Strafverfolgung gegen Polanski:"32 Jahre sind genug"

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Roman Polanskis Anwälte bestehen weiter auf Einstellung des Verfahrens - und beklagen "bemerkenswertes, erstaunliches" Fehlverhalten der Justiz in den USA.

Jörg Häntzschel, New York

Während Roman Polanski mit elektronischer Fußfessel in seinem Ferienhaus in Gstaad sitzt, kämpfen seine Anwälte weiterhin für die Einstellung seines Verfahrens. Am Donnerstag forderten sie vor einem Berufungsgericht in Los Angeles erneut, die Anklage wegen Missbrauchs einer Minderjährigen aufgrund der Verfahrensfehler fallenzulassen. Polanskis Anwalt Chad Hummel beklagte das "wirklich bemerkenswerte, erstaunliche" Fehlverhalten des Gerichts, das vor 32 Jahren mit Polanskis Fall befasst war.

Roman Polanski: 32 Jahre Strafverfolgung. (Foto: Foto:)

Überraschend trat Hummel bei dem Gerichtstermin auch Lawrence Silver zur Seite. Er ist der Anwalt von Polanskis heute 45-jährigem Opfer Samantha Geimer, die sich in den vergangenen Jahren immer wieder für Polanski ausgesprochen hat. Silver verwies auf eine Klausel in der kalifornischen Rechtsprechung, die es seiner Mandantin erlaube, als Opfer die Einstellung des Verfahrens zu beantragen - ungeachtet der Tatsache, dass sich der Täter der Justiz entzogen habe. "32 Jahre sind genug", sagte er. Samantha Geimer sei durch "unfaire" und "unsachgemäße" Verfahren Schaden zugefügt worden.

Die Staatsanwaltschaft wiederholte indes ihre Argumentation: Über die Einstellung des Verfahrens könne nur entschieden werden, wenn Polanski vor Gericht erscheine. "Wollen wir ihm und jedem anderen Angeklagten wirklich die Botschaft schicken, dass Flucht ein Ausweg ist?", fragte die Staatsanwältin Phyllis Asayama. Das Gericht will innerhalb der nächsten Wochen über den Antrag entscheiden.

Polanski war 1977 von einer Jury unter anderem der Vergewaltigung der 13-jährigen Samantha Geimer schuldig gesprochen worden. Um ihre Anonymität zu wahren und einen langen Prozess zu vermeiden, handelten ihre Anwälte mit denen von Polanski einen "plea bargain" aus. Polanski bekannte sich des Sex mit einer Minderjährigen schuldig, die übrigen Anklagepunkte wurden fallengelassen. Er musste darauf zunächst eine 42-tägige Haftstrafe absitzen, die als "psychiatrische Evaluation" deklariert wurde.

Erst mit dem Dokumentarfilm "Roman Polanski: Wanted and Desired" kam der Fall im vergangenen Jahr wieder an die Oberfläche. Darin berichtet der ehemalige Staatsanwalt David Wells, er habe den Richter Laurence Rittenband darin beraten, wie er Polanski nach der kurzen Haft entgegen des ausgehandelten Deals doch noch ins Gefängnis bringen könne. Damit hatten Polanskis Anwälte erstmals klare Beweise für Machenschaften hinter den Kulissen, die den Filmemacher dazu brachten, sofort nach seiner Freilassung und vor dem abschließenden Urteil das Land zu verlassen.

Auch das Gericht nimmt die Vorwürfe ernst. Gefragt, ob sie nicht daran interessiert sei, was in ihrer eigenen Behörde vorgegangen sei, sagte Staatsanwältin Asayama: "Doch, das bin ich." Das ändere aber nichts an der Legitimität des Verfahrens.

© SZ vom 12.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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