Stilkritik:Föhn dich schlau

IBM wollte mit einem Werbespot Frauen für Technik begeistern. Die Zielgruppe war vom Ergebnis wenig amüsiert.

Von Marc Felix Serrao

Der Text im Werbevideo fängt ganz zeitgemäß an. "Innovation weiß nicht, wie du aussiehst", sagt eine junge weibliche Stimme. Dazu sieht man einen Pingpongball über eine Hindernisbahn kullern. Das Filmchen des IT-Riesen IBM soll Frauen für Technik begeistern. Doch was nett anfängt, endet im Desaster. Im Bild erscheint kein Elektromotor oder eine andere Zukunftstechnologie. Wir sehen einen Föhn. "Lasst uns die Vorurteile wegpusten", ruft die Stimme. Der Arbeitsauftrag der Kampagne namens "#HackAHairDryer": Die Ingenieurinnen von morgen sollen die Wunderwelt der Technik für sich entdecken, indem sie ihren Föhn auseinandernehmen.

Zu sagen, die Zielgruppe sei nicht amüsiert gewesen, wäre untertrieben. Sexismus! Chauvinismus! 20. Jahrhundert! Sogar Londons Feuerwehr warnte, es sei "generell eine blöde Idee und möglicherweise auch gefährlich, einen Föhn zu hacken". Am Dienstag fielen die Marketingleute von IBM auf die Knie: "Wir bitten um Verzeihung dafür, dass wir so sehr danebenlagen." Ausgeföhnt und vorbei. Zu Recht.

Komisch ist nur, dass keine einzige Kritikerin, wie sonst bei solchen Anlässen üblich, gefordert hat, dass ein Kopf rollt. Welcher Chauvi lenkt eigentlich IBM? Welcher Macho hat diesen Quark zugelassen? Die Antwort trägt den Spitznamen Ginni, gilt als eine der mächtigsten Frauen der Welt und geht mit ihren langen blonden Haaren bei diesen Temperaturen vermutlich nie ungeföhnt aus dem Haus.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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