Spielzeug:Krieg der Knöpfe

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Beginnt Gleichstellung schon im Babyalter? Zumindest trennen immer mehr Spielwarengeschäfte ihr Sortiment nicht mehr nach Geschlecht. Einblicke in die schöne neue Spielzeug-Kinderwelt.

Von Sacha Batthyany

Der "Krieg der Sterne" begegnet einem überall in amerikanischen Spielzeugläden. Laserschwerter und Darth-Vader-Masken, wohin das Auge reicht. Doch da gibt es noch einen anderen Krieg, der derzeit tobt: der Geschlechterkrieg. Immer mehr Spielwarengeschäfte trennen ihr Sortiment nämlich nicht mehr nach Geschlecht. Hier ein Regal mit Puppen für Mädchen, dort ein Regal mit Autos für Jungs - damit ist es vorbei. Organisationen wie "Let Toys Be Toys" kämpfen international gegen die alte Ordnung, weil sie diese für sexistisch halten und glauben, damit würden Kindern Stereotype eingeimpft. Beginnt Gleichstellung schon im Babyalter? Fest steht: Nie war die Suche nach Geschenken schwieriger.

Einige Hersteller haben jetzt verkündet, ihre Spielzeugküchen in Zukunft nicht mehr nur in Rosa anzubieten, sondern in geschlechtsneutralen Brauntönen. Die US-Ladenkette Target wiederum ließ all jene Schilder aus ihren Geschäften entfernen, die einst den Weg zu den Buben- oder Mädchenregalen wiesen. Man möchte "die Eltern nicht vorspuren", hieß es. Und zum ersten Mal in der über fünfzigjährigen Geschichte der langbeinigen Barbie ist in einer aktuellen Fernsehwerbung ein Junge zu sehen, der die Puppe ankleidet und sie "total heftig" findet. Sieht sie so aus, die schöne neue Kinderwelt?

Die politischen Debatten über Werte und Identitäten, etwa über das Eherecht homosexueller Paare und das Ende der Diskriminierung Transsexueller, sie haben auch in amerikanischen Spielzeugläden Spuren hinterlassen. Die Frage, wie sehr man Kindern vorgeben soll, womit sie zu spielen haben, teilt das Land in zwei Lager und berührt den Kern des amerikanischen Liberalismus. "Früher waren die Jungs im unteren Stock und die Mädchen im oberen", sagt Andrew, ein Verkäufer bei Toys "R" Us am New Yorker Times Square. "Heute ist alles durchmischter." Als Beweis der neuen Geschlechterparität weist Andrew am Ende eines langen Regals voller Plastik-Sturmgewehre, die 60 Schuss in zwei Minuten abfeuern, auf eine weiße Pistole namens "Rebelle", mit der auch Mädchen herumballern können "wie Jennifer Lawrence in 'Hunger Games'". Passend dazu gibt's kleine bunte Handgranaten.

Getrennt wird schon. Aber eher nach Ethnien. So können die Kinder beim Puppenhersteller American Girl zwischen "kaukasischen", "indianischen", "afroamerikanischen" und "jüdischen" Puppen wählen. Nackt ausziehen für das Bad in der Puppenbadewanne geht bei allen nicht, das wäre ja sexistisch. Doch was die einen für pädagogisch wertvoll erachten - ein Set asexueller, politisch korrekter Puppen ohne Bauchnabel - das halten andere sogar für schädlich. "Let Toys Be Toys"-Aktivistin Tessa Trabue meinte unlängst, die Fokussierung auf verschiedene soziale Milieus und Ethnien würden "Stereotypisierungen doch nur zementieren". Sie riet vom Kauf ab.

Tatsächlich kann es einen schon nachdenklich stimmen, wenn - wie jetzt - der Umsatz bei Nerf, dem Hersteller schweren Kindergeschützes wie Plastikpanzerfäusten oder des Zombie-Strike-Blaster (einer Maschinenpistole mit Schaumgummipfeilen), auf stolze 400 Millionen Dollar ansteigt. Wer Eltern befragt, warum sie ihren Kindern denn bitte ausgerechnet so etwas schenken, hört Antworten wie: "Wenigstens gehen sie mal an die frische Luft."

© SZ vom 24.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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