Schweiz:Zwangsurlaub

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Für die einen war es ein Traum, für die anderen ein Albtraum: Zwei Tage lang saßen in Zermatt 13 000 Urlauber im Schnee fest. Sogar frische Bettwäsche musste mit dem Helikopter eingeflogen werden.

Von Titus Arnu

Schnee ist nicht gleich Schnee. Für die einen ist das fluffige Zeug ein Romantikfaktor, für andere eine "Katastrophe". Dass es im Winter in den Alpen schneit, ist völlig normal. Aber so viel auf einmal auch wieder nicht: Anfang der Woche fielen im Wallis bis zu zwei Meter Neuschnee innerhalb von 24 Stunden. Seit Montag saßen 13 000 Feriengäste im Wintersportort Zermatt fest, weil die Zufahrtswege wegen Lawinengefahr gesperrt sind. Auch die Orte Saas- Almagell, Gondo, Simplon-Dorf und Arolla sowie mehrere Weiler im Val d'Anniviers, Val d'Hérens und Val d'Entremont waren zeitweise nicht mehr erreichbar.

Seit Mittwochabend, immerhin, ist die Matterhorn-Gotthard-Bahn zwischen Täsch und Zermatt wieder unterwegs.

Eingeschneit zu sein - das ist je nach emotionalem Bezug zum Schnee für die einen ein Traum, für die anderen ein Albtraum. Im Hollywoodfilm "Eingeschneit - Weihnachten im Schneesturm" etwa zwingt das Wetter eine bankrotte Witwe (Olivia Newton-John) zusammen mit einem reichen Banker (Gregory Harrison) in eine Hütte; natürlich wird es den beiden bald warm ums Herz. In der Realität ist es oft nicht ganz so kuschelig. Eingeschneite Urlauber bleiben in der Regel auf den zusätzlichen Hotelkosten sitzen - und Skifahren ist absurderweise auch nicht möglich.

In Zermatt blieben die meisten Skilifte außer Betrieb, da die Pisten erst gesichert werden mussten. Das Schweizer Institut für Schnee- und Lawinenforschung hatte am Dienstag die höchste Warnstufe 5 für Teile des Wallis ausgegeben, was sehr selten vorkommt, in Zermatt zuletzt im Lawinenwinter 1999. Am Mittwoch galt Stufe 4. Auch in den italienischen Alpen sind einige Straßen wegen Lawinengefahr gesperrt. Im Wintersportort Sestriere verschüttete bereits in der Nacht zum Dienstag eine Lawine ein Ferienhaus.

Immerhin haben Schmuckläden, Luxusrestaurants und Wellnessabteilungen geöffnet

Zermatt ist nur durch ein enges, lawinengefährdetes Tal erreichbar. Urlauber parken in Täsch und nehmen dann den Zug. Die Verbindung sollte eigentlich schon Mittwochmorgen wieder in Betrieb genommen werden, doch bei den Räumungsarbeiten habe man es mit "größeren Schneemassen als erwartet" zu tun bekommen, teilte die Matterhorn-Gotthard-Bahn mit. Am Abend dann war es endlich so weit. Zuvor hatte Air Zermatt eine Luftbrücke eingerichtet. Die meisten Gäste harrten aber aus und warteten darauf, dass die Skipisten wieder geöffnet werden.

Gefahr für Bevölkerung und Gäste habe "zu keiner Zeit" bestanden, teilte die Gemeinde mit. "Die Stimmung ist gemütlich", sagte eine Sprecherin von Zermatt Tourismus. Während in vielen Walliser Dörfern die Schulen geschlossen blieben, hatten in Zermatt die wichtigsten Einrichtungen geöffnet: Schmuckläden, Wellnessabteilungen und Luxusrestaurants wurden von Besucherlawinen heimgesucht. Nach Tagen mit dichtem Schneetreiben und Nebel schien am Mittwoch die Sonne, und das tief verschneite Matterhorn war zu sehen. Für Donnerstag werden neue Schneefälle erwartet.

© SZ vom 11.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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