Schweiz:Altes Geld

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Einige der Münzen, die Bauer Loosli unter einem Kirschbaum fand. (Foto: Privat)

Ein Bauer findet auf der Kirschbaumplantage seines Sohnes römische Münzen. Nur: Wer hat sie vergraben?

Von Charlotte Theile, Zürich

Bauer Loosli stochert mit seinen Krücken in der Erde. In dem lockeren Boden liegt ein runder Gegenstand: eine Münze. "Weil sie grün ist, hab ich sie gesehen und aufgehoben." Loosli zeigt sie stolz in eine Kamera. Ein altes Stück, das sieht man sofort. Was es in der Kirschbaumplantage seines Sohnes verloren hat? Alfred Loosli, 83, stochert weiter. Bald hat er 19 Münzen zusammen. Er gibt sie seinem Sohn, der soll im Internet nachschauen. Dass es römische Geldstücke sein könnten, ahnen sie bereits. Vom Wert dessen, was da zwischen ihren Kirschbäumen liegt, hat Familie Loosli aus dem Schweizer Kanton Aargau aber zunächst keine Vorstellung.

Einige Wochen später kommen Experten mit Metalldetektoren. Bauer Loosli sagt: "Sie haben zwei Monate lang alles umgegraben, eine wahnsinnige Arbeit." Zwei Kirschbäume werden gefällt. Anfang November haben die Archäologen 4166 römische Münzen gesammelt. 15 Kilo schwer, ein gigantischer Schatz.

"Das übertraf all unsere Erwartungen", sagt der Aargauer Kantonsarchäologe Georg Matter zufrieden. "So etwas erlebt man selten mehr als einmal im Berufsleben." Die Münzen, die Bauer Loosli in Ueken, unweit der deutschen Grenze, fand, sind ungefähr 1700 Jahre alt. Es handelt sich um eine spezielle Münzform, sogenannte Antoniniane. Anhand der Kaiser, die auf dem Metall zu sehen sind, kann man schätzen, wie alt sie sind: Alle Münzen wurden zwischen 270 und 294 nach Christus geprägt. Ihr damaliger Gegenwert? Einige Jahreseinkommen. Wahrscheinlich wurde der Schatz in vielen Jahren mühevoll zusammengetragen.

"Hier im Fricktal gibt es einiges an Geschichte", sagt Looslis Ehefrau, die Römersiedlung sei nur vier Kilometer entfernt. Sie und ihr Mann interessierten sich aber überhaupt nicht dafür. Einmal hätten sie "so ein rundes Ding", ein Amphitheater, besucht, aber Museen, das sei so gar nicht ihre Sache. Was den Schatz unter den Kirschbäumen angeht, seien sie aber doch ins Nachdenken gekommen. "Uns wurde gesagt, dass ihn jemand vergraben hat." Ein geheimer Schatz? "Ach wissen Sie, für Märchen interessieren wir uns auch nicht."

Archäologe Matter dagegen interessiert sich sehr für die Geschichte der Münzen. "Wir gehen davon aus, dass sie jemand gezielt versteckt hat." Wer dieser jemand war? Da gebe es viele Theorien. "Weil es sich um immer die gleiche Münzform handelt, kommt ein Sammler in Betracht." Eine andere Variante: geschickte Wertanlage. "Zu dieser Zeit herrschte starke Inflation. Bronzemünzen konnten bald nichts mehr wert sein. Diese Münzen aber waren mit Silber überzogen - das behielt immer einen gewissen Wert." Eine weitere Theorie: "Die gleiche Münzform könnte darauf hindeuten, dass der Schatz vom Staat ausgegeben wurde, etwa als Sold-Zahlung an einen Soldaten."

In den kommenden Monaten werden Wissenschaftler versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen. Doch zuvor müssen sie das Geld noch reinigen. "Unser Restaurator hat inzwischen 250 Münzen restauriert, es liegt viel Arbeit vor uns", sagt Matter. 2016 dann käme der Fund ins Museum, auch eine Wanderausstellung sei denkbar.

Wenn Alfred Loosli die Münzen aus seiner Kirschbaumplantage sehen will, muss er nicht ins Museum. Er habe ein paar beiseitegelegt, sagt er mit zufriedenem Lächeln. Bei 4166 Stück käme es ja nicht so drauf an.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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