Schleswig-Holstein:Bundeswehr zieht Kriegsgerät aus Privatkeller

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  • In einer Villa in Schleswig-Holstein haben Polizei und Staatsanwaltschaft eine Sammlung von Waffen und Kriegsgerät aus dem Zweiten Weltkrieg sichergestellt und abtransportiert.
  • Besonders kompliziert war die Bergung eines Panzers und eines Flakgeschützes, die in einer unterirdischen Halle aufgestellt waren.
  • Gegen den 78-jährigen Besitzer des Hauses wird jetzt wegen des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt.

Normalerweise darf die Bundeswehr innerhalb Deutschlands nur im Verteidigungsfall oder bei Naturkatastophen eingesetzt werden. Nach allem, was man weiß, war am Donnerstagabend in Heikendorf, einem kleinen Ort in Schleswig-Holstein, beides nicht gegeben.

Trotzdem war die Anwesenheit der knapp 20 Soldaten bei diesem Einsatz unabdingbar. Ihre Aufgabe: Einen Weltkriegspanzer, Typ Panther, aus dem Keller einer Villa holen.

Kiel
:Polizei findet Weltkriegspanzer in Keller von Villa

Groteske Szene in einem Nobelviertel an der Ostsee: Mit zwei Bergepanzern der Bundeswehr rücken Ermittler nahe Kiel an, um eine Villa zu durchsuchen. Im Keller stoßen sie - auf einen Panzer.

Etwa neun Stunden brauchten die Pioniere, um das Kriegsgerät aus dem Haus zu bugsieren und auf einen Tieflader zu schieben. Möglich war das nur mithilfe zweier extrem zugkräftiger Bergepanzer. Der Panzer stand in einer unterirdischen Halle, die wohl aus mehreren Ebenen besteht. Deshalb mussten die Soldaten eigens Holzrampen bauen, um den Panzer ins Freie zu bekommen. "Das war zum Teil Millimeterarbeit", sagte Bundeswehrsprecher Ulrich Burchardi dem NDR. Man habe darauf achten müssen, das Haus mit dem schweren Gerät nicht zu beschädigen.

Zusätzlich zu dem Panzer bargen die Bundeswehrexperten auch ein 8,8-Zentimeter-Flakgeschütz aus dem Keller. Beide Kriegsgeräte wurden zu einem nahegelegenen Truppenübungsplatz gebracht.

Spleen eines älteren Herrn?

Besitzer der Villa ist ein 78 Jahre alter Mann, der bisher sehr zurückgezogen gelebt hat und wie der örtliche Bürgermeister Alexander Orth es ausdrückt, "ein gewisses Faible für bestimmte Dinge" hat. Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz gegen ihn. Auf die Spur des Mannes waren Polizei und Staatsanwaltschaft im Zuge von Ermittlungen um wiederaufgetauchte Kunst aus der Nazi-Zeit gekommen. Bereits am Mittwoch stellten sie mehrere Waffen und einen Torpedo in dem Haus sicher.

Peter Gramsch, der Anwalt des Villenbesitzers, bezeichnete den Einsatz als unverhältnismäßig. Der Panther und das Flakgeschütz seien "demilitarisiert", stellten keine Gefahr dar und fielen deshalb auch nicht unter das Kriegswaffenkontrollgesetz. Es gebe sogar eine Bescheinigung des zuständigen Landratsamtes aus dem Jahr 2005, der zufolge der Panzer seine "Kriegswaffeneigenschaft" verloren habe. Gramsch will nun rechtliche Schritte gegen die Beschlagnahmung einleiten und auch Schadenersatz für seinen Mandanten fordern. "Ich gehe davon aus, dass der Panzer bei der Aktion beschädigt worden ist." Gleiches gelte für den Privatweg vor der Villa.

Bürgermeister Orth, der bei der Panzerbergung anwesend war, zeigte sich überrascht, wie viel Kriegsgerät sich im Keller des 78-Jährigen fand: "Ich habe dieses für einen Spleen eines älteren Herrn gehalten. Es sieht so aus, als ob es deutlich mehr ist."

© SZ.de/dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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