Russischer Oligarch Ismailow:Ende des Geldregens

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Telman Ismailow lässt Mariah Carey für sich singen und Geld auf Hollywood-Prominenz regnen. Doch sein extravaganter Stil ist dem Staat ein Dorn im Auge.

F. Nienhuysen, Moskau

Der Tscherkisowskij-Markt in Moskau ist schon immer eine eigene Welt gewesen, sehr fern jedenfalls von der, in der etwa Sharon Stone und Jennifer Lopez leben. Ein wuseliger Basar von knapp 70 Hektar, ein Ort verbissenen Feilschens um kirgisische Blusen und Badelatschen aus China.

Telman Ismailow (Foto: Foto: Getty)

Nur Telman Ismailow konnte mit beiden Welten gut etwas anfangen. Der aserbaidschanische Geschäftsmann ist über sein Unternehmen AST Hauptbesitzer des Marktes, der neben dem Stadion von Lokomotive Moskau liegt und viele Jahre einer der größten in Europa war. Und er liebt den Luxus.

Ende Mai eröffnete der elegante Herr mit dem Schnurrbart in der Nähe der türkischen Stadt Antalya das wohl teuerste Hotel des Kontinents. Das Mardan Palace, benannt nach seinem Vater, kostete mehr als eine Milliarde Euro, und zum opulenten Fest kamen unter anderem Sharon Stone, Monica Bellucci, Mariah Carey und Richard Gere. Gere gab immerhin zu, er habe die Einladung deshalb angenommen, weil Ismailow eine "großzügige Summe" für seine Tibet-Stiftung gespendet habe.

Der Klatschpresse fiel auf, dass Mariah Carey für ihren Auftritt von Ismailow einen Brillantring in Schmetterlingsform bekommen hatte und 100-Dollar-Scheine von der Decke regneten, als der Unternehmer gerade einmal tanzte. Und Sharon Stone ließ sich besonders schwärmerisch vernehmen: "Telman macht nicht nur alles gut, sondern perfekt."

Ismailow kann es an Extravaganz leicht mit den russischen Milliardären Roman Abramowitsch und Michail Prochorow aufnehmen. Das Feuerwerk, das der 52-Jährige in der vergangenen Silvesternacht in Moskau entzünden ließ, ist noch in heller Erinnerung. Und seine private Uhrensammlung umfasst nach russischen Medienberichten etwa 2000 Stück.

Höllenloch, das geschlossen gehört

Doch nach dem Eröffnungsspektakel im türkischen Mardan Palace kam für ihn die Ernüchterung am russischen Tscherkisowskij-Markt. Das gewaltige Handelsareal, auf dem etwa 100.000 Händler arbeiten, wurde vor zwei Wochen von den Moskauer Behörden geschlossen; Ismailow geriet ins Visier der Ermittler. Der russische Generalstaatsanwalt Alexander Bastrykin sprach von einer "Hässlichkeit im Zentrum von Moskau", von einem "Staat im Staate" und einem "Höllenloch, das geschlossen gehört". Und dazu ist es ja nun auch gekommen.

Es war ein Schlag mit langem Anlauf. Dem Markt drohte in den vergangenen Jahren schon mehrere Male die Schließung, doch den rechten Hebel sahen die Behörden im vergangenen September. Damals stellten Ermittler 6000 Container mit geschmuggelter Ware sicher, mit einem Schätzwert von zwei Milliarden Euro. Auch von gesundheitsgefährdenden Kinderspielzeugen ist die Rede, von gefälschter Markenkleidung und illegaler Beschäftigung. Ministerpräsident Wladimir Putin, platzend vor Zorn, fragte in einer Regierungssitzung vor wenigen Wochen bereits, wieso wegen des "skandalösen Marktes eigentlich noch niemand verhaftet" worden sei.

Einige russische Medien stellten sich noch eine andere Frage: Warum loderte es in dem Premier gerade jetzt? Und so kamen sie schnell zur Vermutung, dass es wohl die frischen Bilder von der exorbitanten Hotelgala gewesen sein könnten, die ihn so ärgerten. Hat es der reiche Telman Ismailow in den Augen des Regierungschefs also übertrieben mit der gerade vollendeten Märchenwelt? Mit künstlichen Lagunen, einer Wasserstraße mit Gondeltaxis, zahmen Haien und einem Amphitheater, während Putin in Russland weiter die Wirtschaftskrise plagt?

Oder waren die unwirschen Attacken gegen den Tscherkisowskij-Markt gar ein indirekter Hieb auch gegen den Moskauer Bürgermeister Jurij Luschkow, der als Freund Ismailows gilt und bei der Eröffnung des Grandhotels ebenfalls zu Gast war? Genaue Antworten wird es darauf wohl nie geben, fest steht aber: Der Markt bleibt bis auf weiteres geschlossen, und nun treibt all die Händler um, was aus ihnen denn nun werden soll.

Ismailow selber bestreitet, dass er verantwortlich sei für irgendwelche Verstöße auf dem Moskauer Markt. Doch seine Verbundenheit scheint derzeit vor allem dem Land seines neuen Hotels zu gelten. Nach dem rauschenden Ball bei Antalya beantragte er die türkische Staatsangehörigkeit, wie die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti berichtete. Ob der reiche Ismailow nach all der Aufregung seinen Stil beibehalten wird, dürfte sich bald schon zeigen. Sein nächster Geburtstag nähert sich, und vor drei Jahren ließ er zur Feier Jennifer Lopez auftreten. Sie umarmte ihn und gab ihm ein Küsschen. Dann sang sie für ihn eine Ballade.

© SZ vom 18.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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