Rostock: S-Bahn-Attacke:Tödlicher Streit um Bollerwagen

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In Warnemünde ist ein 44-Jähriger totgeprügelt worden. In das Muster jüngerer Übergriffe passt die Gewalt aber nicht: Auf dem S-Bahnhof des Ostseebads stritten zwei betrunkene Männergruppen weger einer Nichtigkeit.

Eigentlich wollten die Männer den "Vatertag" einfach ausgiebig feiern. Doch dann eskalierte in Warnemünde ein Streit aus nichtigem Anlass so, dass ein 44-Jähriger starb. "Es ging wohl nur darum, wer den schöneren Ausflugswagen hatte", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt in Rostock, Klaus Müller, am Freitag.

Bilder einer Überwachungskamera am S-Bahnhof Warnemünde belegen die Sinnlosigkeit der Gewalt. Die Polizei hat sie veröffentlicht. (Foto: dpa)

Einen Tag zuvor, an Christi Himmelfahrt, war ein 44 Jahre alter Mann auf dem S-Bahnhof gestorben, nachdem seine "Herrentagsgruppe" mit einer anderen Gruppe in Streit geraten war.

Es war nur einer von zahlreichen Vorfällen mit Betrunkenen, die an solchen Tagen die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern beschäftigen, aber einer mit gravierenden Folgen. Immer zu Christi Himmelfahrt gleicht die Warnemünder Ausflugsmeile einer Ameisenstraße. Zu hunderten ziehen Feiernde die Bummelmeile vom Bahnhof zur Ostsee entlang, um sich am Strand zu vergnügen. Junge Leute wählen Warnemünde an solchen Tagen auch gern als Ziel, um ihren Abschied aus dem Junggesellendasein zu feiern und Geld zu sammeln.

"Die beiden Gruppen, die aneinandergerieten, hätten sich aber auch woanders treffen können, beispielsweise auf einer Festwiese oder an einem Ausflugslokal", meinte ein Ermittler. Die eine Gruppe, zu der der später Getötete gehörte, zog am Nachmittag mit einem klassischen Bollerwagen zum Gleis 3, die andere Gruppe kam mit einem einfachen Einkaufswagen, in dem die Getränke verstaut waren.

Laut Polizei ließen die Gruppen nach einer ersten Prügelei zunächst wieder voneinander ab. "Dann war es wie ein Nachtreten", beschreibt der Oberstaatsanwalt die Attacke. Ein 24-Jähriger, der wenige Stunden später zusammen mit zwei weiteren Männern im Alter von 23 und 29 Jahren festgenommen wurde, soll dem 44-Jährigen von hinten einen Schlag gegen den Kopf versetzt haben, so dass dieser gegen einen S-Bahnwagen prallt. Auf den grauen Steinplatten des Bahnsteigs erinnert am Freitag nichts mehr an den Vorfall. Die vier bis fünf Angreifer fliehen nach der Tat, die andere Gruppe alarmiert einen Notarzt, der das Opfer erst noch wiederbeleben kann. Am Abend stirbt der Mann dennoch.

Ihre auffällige Kleidung verrät die mutmaßlichen Schläger. In einem nahe gelegenen Geschäft kommen zwei der Männer Streifenpolizisten verdächtig vor, weil einer - wie von Zeugen beschrieben - ein orange-gelbliches T-Shirt und der andere eine ebenso auffällige Hose trägt. Die beiden und ein weiterer Rostocker werden gefasst, nach zwei Komplizen wird noch gefahndet.

Politiker zeigen sich erschüttert

Erschüttert über den Vorfall zeigten sich Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), die Deutsche Bahn AG und die Rostocker Stadtverwaltung. Er sei schockiert, mit welcher Rücksichtslosigkeit die Täter vorgegangen seien, erklärte Caffier. "Wir bedauern den Vorfall und unser Mitgefühl gilt den Angehörigen", sagte Kerstin Kanaa von der Rostocker Stadtverwaltung. Der Innenminister ging zudem noch einen Schritt weiter: "Dieser Vorfall zeigt einmal mehr die Bedeutung der Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen." Die Videoaufnahmen am Warnemünder S-Bahnhof hatten den Ermittlern wichtige Hinweise auf die Tatverdächtigen geliefert.

Doch Warnemünde war kein Einzelfall für rohe Gewalt unter angetrunkenen Vatertags-Feiernden: In Neubrandenburg schlug ein 19-Jähriger einen Polizisten mit der Faust ins Gesicht, als dieser Beteiligte einer Schlägerei befragte. In Waren an der Müritz warf ein Betrunkener mit einer Bierflasche - und traf einen Streifenwagen, dessen Beamten ebenfalls zu einer Schlägerei gerufen worden waren. Und bei Grimmen trat ein 54 Jahre alter betrunkener Radfahrer einem Polizisten gegen das Schienbein und musste überwältigt werden. Die Polizeiinspektion Rostock hatte vorsorglich 50 Beamte mehr in den Dienst geschickt. Dennoch hieß es in der Bilanz: "Das Einsatzgeschehen wich nicht signifikant vom Vorjahr ab."

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