Kachelmann-Prozess:Schwarzer verweigert Aussage

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Frauenrechtlerin Alice Schwarzer hat von ihrem Recht Gebraucht gemacht, die Aussage im Prozess gegen Jörg Kachelmann zu verweigern. Indes entlastet ein Rechtsmediziner den Wettermoderator.

Die Journalistin und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer hat bei ihrer Anhörung als Zeugin im Kachelmann-Prozess die Aussage verweigert. Vor dem Landgericht Mannheim berief sie sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht als Journalistin. Vor dem Gerichtssaal sagte sie anschließend: "Es ist bedauerlich, dass ein so ernster Prozess durch Nebenkriegsschauplätze andauernd verzögert wird."

"Es ist bedauerlich, dass ein so ernster Prozess durch Nebenkriegsschauplätze andauernd verzögert wird", sagte Alice Schwarzer vor dem Gerichtssaal. (Foto: Getty Images)

Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn wollte Schwarzer zu ihren Kontakten mit dem Therapeuten des mutmaßlichen Opfers befragen. Die Publizistin, die für die Bild-Zeitung über das Kachelmann-Verfahren berichtet, führe einen "öffentlichen Feldzug" gegen seinen Mandanten, behauptete Schwenn.

Schwarzer bezeichnete den Vorwurf als "absurd". Sie hatte den Gerichtssaal vergangene Woche nach Schwenns Antrag verlassen müssen.

Vor Schwarzers Anhörung stellten zwei Gutachter die Aussagen des angeblichen Opfers zum Tathergang als unglaubwürdig dar. Ihre Angaben würden vom Verletzungsbild nicht eindeutig gedeckt, erklärten beide.

Der vom Gericht bestellte Rechtsmediziner Rainer Mattern sagte dazu, er halte es "für nicht vorstellbar", dass der 34-Jährigen das Messer ununterbrochen an den Hals gedrückt worden sei. Dagegen spreche die Verletzung am Hals. Die rund zwei Zentimeter breite Rötung sei nur durch mehrfaches Andrücken des Messerrückens vorstellbar. Ähnlich äußerte sich der von der Verteidigung bestellte Kölner Rechtsmediziner Markus Rothschild. Es sei "ausgesprochen unwahrscheinlich", dass solch eine Verletzung auf Grundlage der Angaben des mutmaßlichen Opfers entstehen könne.

Der Täter hätte den knapp einen Millimeter breiten Messerrücken dem Opfer bis zu 20 Mal nebeneinander an den Hals drücken müssen, damit solch ein Verletzungsbild entstehen könne. Rothschild zufolge hätten sich am Messerrücken dann auch Gen-Spuren des Opfers finden müssen. Doch dies war nicht der Fall. Solche Anhaftungen würden auch nicht abfallen, wenn das Messer etwa auf den Boden geworfen würde. Dass sich das mutmaßliche Opfer die Wunde selbst beigebracht haben könnte, hielten beide Gutachter für ebenso möglich, wie bei Kratzern am Bauch sowie Blutergüssen an den Oberschenkeln der 34-Jährigen.

DNS-Spezialist nicht informiert

Dazu gab es eine weitere Überraschung: Die Ex-Freundin Kachelmanns hatte ausgesagt, sie habe in der Nacht zunächst aufgeräumt und das Messer aufgehoben und wieder zurückgelegt. Jetzt wurde bekannt, dass der bereits vernommene DNS-Spezialist des Landeskriminalamts, Gerhard Bäßler, von dem Anfassen des Messers durch die Nebenklägerin nichts wusste. Das teilte er jedenfalls inzwischen der Strafkammer mit. Möglicherweise wird der Spezialist nun erneut vernommen.

Kachelmanns Ex-Geliebte beschuldigt den Moderator, sie mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Der 52-jährige Schweizer bestreitet das.

Zuletzt wurde bekannt, dass Richter und Staatsanwälte des Landgerichts Mannheim zur Vernehmung einer Frau in die Schweiz fahren können, die das Magazin Focus als neue angebliche Belastungszeugin präsentiert hatte.

Nach Einschätzung von Kachelmanns Pflichtverteidigerin Andrea Combé dürfte die Schweiz-Reise in den nächsten zwei Wochen anstehen. Ort und Zeitpunkt der Vernehmung werden nicht bekanntgegeben, weil es sich um eine nichtöffentliche Vernehmung handelt. Voraussichtlich werden vier Richter des Landgerichts sowie die beiden Staatsanwälte Lars-Torben Oltrogge und Oskar Gattner nach Zürich fahren.

Schweizer Zeugin wird nicht direkt befragt

Die Mannheimer dürfen die Frau auch nicht direkt befragen, sondern nur über den Schweizer Staatsanwalt. Die Zeugin hat bisher keine Beschwerde gegen ihre Befragung in Anwesenheit der Mannheimer eingelegt.

Unterdessen wird Kachelmann nach Beschwerden von Hörern nicht mehr das Wetter beim Schweizer Sender Radio Sunshine präsentieren. Radio Sunshine habe entschieden, "aufgrund diverser Reaktionen aus der Hörerschaft, bis auf weiteres auf Wettermoderationen mit Jörg Kachelmann zu verzichten", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Nähere Angaben zu den Reaktionen wurden zunächst nicht gemacht, in Medienberichten wurden "Negativreaktionen" genannt. Kachelmann hatte am vergangenen Freitag erst zum zweiten Mal das Wetter bei dem Zentralschweizer Sender aus Rotkreuz im Kanton Zug präsentiert. Beim Sender Radio Basel ist Kachelmann dagegen weiter auf Sendung, dort präsentiert er jeweils freitags das Wochenendwetter.

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