Räumung von Berliner Künstlerhaus:Endgültiges Aus für das Tacheles

Jahrelang stritten Künstler und Investoren, Hausbesetzer und -besitzer um das legendäre Tacheles in Berlin. Jetzt ist das Künstlerhaus endgültig geräumt worden. Das Gelände soll auch künftig kulturell genutzt werden.

Jahrelang stritten Künstler und Investoren, Hausbesetzer und -besitzer um das legendäre Tacheles. Jetzt ist das Künstlerhaus endgültig geräumt worden. Das Gelände soll auch künftig kulturell genutzt werden. Immer wieder war vom Aus für das Berliner Künstlerhaus Tacheles die Rede, immer wieder ging es dann doch irgendwie weiter. Bis jetzt. An diesem Dienstag ist das frühere Kaufhaus im Stadtteil Mitte nach jahrelangen Auseinandersetzungen endgültig geräumt worden. Das ein wenig in die Jahre gekommene alternative Kunstprojekt war eine beliebte Attraktion bei Hauptstadt-Touristen.

Um acht Uhr morgens betrat der Gerichtsvollzieher gemeinsam mit Anwälten von Besetzern und Besitzerin den Gebäudekomplex. Die HSH Nordbank will als Hauptgläubigerin das 25.000 Quadratmeter große Grundstück in bester Lage versteigern lassen. Die etwa 50 Künstler, die zuletzt dort noch aktiv waren, mussten zuvor allerdings zum endgültigen Ausziehen bewegt werden.

Die anwesenden Polizeibeamten hatten während der mehrstündigen Aktion allerdings nicht wirklich etwas zu tun: Die Aktion verlief friedlich, die letzten 20 Künstler verließen das Gelände ohne Widerstand. "Wir weichen der Gewalt. Wir sind mit unseren Kräften am Ende", kommentierte Tacheles-Sprecherin Linda Cerna die Räumung.

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(Foto: dpa)

"Das ist Kunstraub unter Polizeischutz", sagt Cernas Kollege Martin Reiter. Der Konzeptkünstler kämpfte jahrelang für das Kunsthaus.

Bereits in den frühen Morgenstunden hatten sich Sympathisanten der Künstler in Mitte versammelt, um gegen das endgültige Aus zu demonstrieren. Und auch die Räumungsaktion selbst war von Kunst- und Protestaktionen ...

... und von großer medialer Aufmerksamkeit begleitet. Der Streit in und ums Tacheles dauert seit Jahren an. Der letzte Investor wollte das Areal in ein modernes City-Center verwandeln, geriet aber finanziell ins Schleudern. Und auch intern gab es Differenzen: So musste der Künstlerverein 2009 Insolvenz anmelden, weil er ausstehenden Mietforderungen von mehr als 100.000 Euro nicht nachkommen konnte.

Allen Protesten zum Trotz ist es nun erst einmal vorbei mit dem bunten Treiben im Tacheles. Der Gerichtsvollzieher hat Raum um Raum versiegelt, der Schlüssel ist übergeben. "Malen kann ich überall", hat jemand auf die von Graffiti bedeckten Wände geschrieben. "Bis gleich."

Tatsächlich haben viele Künstler aus dem Tacheles bereits eine neue Bleibe gefunden: Im Neuköllner Cube Club soll schon am 14. September ein Einweihungsfest stattfinden. Die meisten wollen dort ein "Tacheles im Exil" aufmachen, nur wenige planen noch gerichtliche Schritte.

Egal, wer das Tacheles kaufen wird: Im Grundbuch ist eine kulturelle Nutzung des Geländes festgeschrieben. Der Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses will sich dafür einsetzen, dass sich der neue Besitzer auch an diese Vorschrift hält. Tacheles-Sprecher Reiter hat bereits signalisiert, dass die Künstler dafür bereit stehen.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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