Prozess in Köln:Kunstkenner bescheinigt Angeklagten großes Fälschertalent

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Wie aus einer Sensation ein Skandal wurde: Als 2001 verschollen geglaubte Werke von Malern wie Pechstein und Campendonk auftauchten, war die Kunstszene in Aufruhr. Aber die vermeintlichen Meisterwerke waren gut gemachte Fälschungen. Nun stehen die mutmaßlichen Betrüger vor Gericht - und könnten dort auf eines ihrer Opfer treffen: ein äußerst prominenter Kunstliebhaber und US-Komiker.

Es ist einer der größten Prozesse um Kunstfälschungen in der Geschichte der Bundesrepublik: 16 Millionen Euro soll eine Betrügerbande mit gefälschten Gemälden ergaunert haben. Vor dem Landgericht Köln müssen sich nun die mutmaßlichen Täter - ein Ehepaar und zwei weitere Personen - verantworten.

Eigentlich hat der französische Maler Fernand Léger das 'Kubistische Stillleben' gemalt - diese Fälschung soll jedoch von einer mutmaßlichen Bande in Umlauf gebracht worden sein, die nun in Köln vor Gericht steht. (Foto: dpa)

Zum Prozessauftakt warf die Staatsanwältin Kathrin Franz den Angeklagten vor, seit 2001 Fälschungen von 14 Gemälden der Künstler Max Pechstein, Heinrich Campendonk, Max Ernst, André Derain, Kess van Dongen und Fernand Léger angefertigt und in Umlauf gebracht zu haben.

Das angeklagte Quartett soll vorgegeben haben, die Bilder stammten aus einer in Wahrheit nicht existierenden "Sammlung Werner Jägers'" und einer ebenfalls fingierten "Sammlung Wilhelm Knop". Auf der Anklagebank in dem Kölner Prozess sitzen die Enkelin des 1992 in Köln verstorbenen Unternehmers Werner Jägers, die 53-jährige Helene B., ihr 60-jähriger Ehemann Wolfgang B. und ihre 54 Jahre alte Schwester Jeanette S. Ebenfalls beschuldigt ist der Enkel des 1957 verstorbenen Wilhelm Knop, der 67-jährige Otto S.

So aufsehenerregend der Skandal, so spektakulär der Prozess:

[] 40 Verhandlungstage sind angesetzt,

[] 10 Sachverständige geladen,

[] 168 Zeugen benannt. Auf der Liste möglicher Zeugen findet sich nach Informationen der Bild-Zeitung auch ein äußerst prominenter Name:

[] Steve Martin. Der US-Schauspieler hatte ein gefälschtes Campendonk-Gemälde für umgerechnet 850.000 Euro gekauft. Ob er tatsächlich geladen wird, sei aber noch unklar, berichtet das Blatt.

Die Fälschungen verkaufte die Bande über international renommierte Auktionshäuser und Galerien. Angefertigt habe sie der "künstlerisch versierte" Wolfgang B. - entweder selbst oder mit Hilfe bislang unbekannter Mittäter, sagte Staatsanwältin Franz. Den mutmaßlichen Betrügern sei es wiederholt gelungen, Kunstexperten hinters Licht zu führen - unter anderem, weil sie verschollene Werke gefälscht hätten, von denen keine Abbildungen vorhanden seien.

Nach Ansicht des Kunsthistorikers Michael Diers ist die Fälscher-Leistung beachtlich. "Es braucht schon einen sehr begabten Kunstverständigen, der gleichzeitig auch das handwerkliche Talent beherrscht, um verschollene und nun angeblich wieder aufgetauchte Bilder aus dem Geist des Œuvres von Heinrich Campendonk oder Max Ernst zu kreieren", sagte Diers. "Der Fälscher empfand wahrscheinlich eine Lust daran, sich immer wieder zu erproben - wie es auch der Fall bei den Hitler-Tagebüchern war."

Um die gefälschten Bilder in den Kunsthandel zu schleusen, sollen die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft die Geschichte von den angeblichen Kunstsammlern Jägers und Knop erfunden haben. Im Fall der vermeintlichen Sammlung von Werner Jägers gaben sie demnach an, der Unternehmer habe eine Vielzahl von Gemälden bei dem 1937 gestorbenen Kunsthändler Alfred Flechtheim gekauft. Während des Zweiten Weltkriegs seien diese Werke in der Eifel versteckt gewesen. Auch seien Jägers und Knop gut miteinander bekannt gewesen. Laut Staatsanwaltschaft sammelten beide jedoch nie Kunst und kannten sich auch nicht persönlich.

Angeklagten drohen bis zu zehn Jahre Haft

Die Angeklagten hätten "Vermögensverluste großen Ausmaßes herbeigeführt", unterstrich die Staatsanwältin. Zu den Geschädigten zählten demnach Sammler im In- und Ausland. Wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs und Urkundenfälschung drohen den Angeklagten Haftstrafen von einem bis zu zehn Jahren. Im Zusammenhang mit 33 weiteren womöglich gefälschten Gemälden ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft noch in einem gesonderten Verfahren.

Mit Ausnahme von Jeanette S., die lediglich wegen drei Betrugsfällen angeklagt ist, sitzen die Angeklagten in Untersuchungshaft. Der Prozess soll am 21. September mit möglichen Aussagen der Angeklagten fortgesetzt werden.

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