Boy Scouts:Jetzt dürfen auch Mädchen pfadfinden

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Die Boy Scouts, die amerikanischen Pfadfinder, streichen das "Boy" aus ihrem Namen. Eine Organisation ohne Frauen ist schließlich nicht mehr zeitgemäß. Kritik an der Umbenennung kommt aus unerwarteter Richtung.

Von Christian Zaschke, New York

Der Slogan der amerikanischen Pfadfinder, der "Boy Scouts of America", lautet: "Jeden Tag eine gute Tat." In dieser Woche, finden die Chefs der Organisation, haben sie eine besonders gute Tat vollbracht: Sie haben offiziell beschlossen, das Wort "Boy" aus ihrem Namen zu streichen. Der Beschluss wird im Februar kommenden Jahres wirksam. Aus den "Boy Scouts" werden dann die "Scouts BSA". In der mehr als 100 Jahre währenden Geschichte der Vereinigung ist das so etwas wie eine Revolution.

Die Boy Scouts sind ebenso Teil der amerikanischen Folklore wie Teil des amerikanischen Lebens. Seit Gründung der Organisation im Jahr 1910 durch den Philanthropen William Boyce haben etwa 110 Millionen Amerikaner an den Programmen der Pfadfinder teilgenommen. Sie haben beigebracht bekommen, in der Natur zu leben, sie haben Teamwork gelernt, und sie haben, wie die Organisation gern von sich selbst sagt, an ihrem Charakter gearbeitet und an ihrer körperlichen, geistigen und emotionalen Fitness.

Der Legende nach ist Boyce übrigens bei einem Besuch in London auf die Idee gekommen, die Pfadfinder-Bewegung nach Amerika zu bringen. Er habe sich dort im Nebel verirrt, sei aber von einem Pfadfinder auf den rechten Weg zurückgewiesen worden. Dieser habe für seine Dienste kein Geld annehmen wollen. Davon sei Boyce so beeindruckt gewesen, dass er beschlossen habe, in den USA müsse es ebenfalls Pfadfinder geben. Die Geschichte muss nicht unbedingt wahr sein, aber sie ist der Gründungsmythos der amerikanischen Boy Scouts.

Den "Cub Scouts", den jungen Pfadfindern, konnten Jungen im Alter zwischen sieben und zehn Jahren beitreten. Die Boy Scouts deckten die Altersgruppe elf bis 17 ab. Diese Einteilung existiert bis heute. Allerdings können bei den Cub Scouts in diesem Sommer erstmals Mädchen mitmachen.

Dass die Boy Scouts bald nicht mehr Boy Scouts heißen werden, liegt daran, dass auch die Gruppen der Älteren für Mädchen geöffnet werden sollen. Das mag einerseits damit zusammenhängen, dass die Führungsgremien zu der Ansicht gelangt sind, eine reine Jungs-Organisation sei nicht mehr zeitgemäß. Es hat andererseits sicherlich auch damit zu tun, dass die Pfadfinder gern wieder mehr Mitglieder hätten. In dieser Woche teilte die Dachorganisation aller Pfadfindergruppen mit, dass es derzeit 1,25 Millionen Cub Scouts und 800 000 Boy Scouts gebe, verteilt auf 100 000 Gruppen in ganz Amerika. In den 1970er-Jahren gab es noch fast fünf Millionen aktive Pfadfinder.

Seit fünf Jahren dürfen auch Schwule mitmachen

Um dem Mitgliederschwund entgegenzuwirken, hat sich die Organisation im Laufe der vergangenen Jahre modernisiert. Die Boy Scouts standen lange in der Kritik, weil sie keine Schwulen aufnahmen. Erst 2013 wurde das geändert, allerdings durften Schwule zunächst keine Führungsaufgaben übernehmen. Diese Einschränkung wurde 2015 aufgehoben. Zwei Jahre später verkündeten die Boy Scouts, dass auch Transgender mitmachen dürfen.

Die Namensänderung und die damit verbundene Neuerung, künftig Mädchen aufzunehmen, ist ein gewaltiger Schritt. Mädchen und Jungen sollen dann einfach Scouts heißen, ohne Hinweis aufs Geschlecht, findet Michael Surbaugh, Geschäftsführer der amerikanischen Pfadfinder. Was ein wenig verwirrend ist: Die Dachorganisation, der die "Cub Scouts" und die bald so benannten "Scouts BSA" unterstehen, heißt weiterhin "Boy Scouts of America". Es dürfte nicht allzu lange dauern, bis den Funktionären auffällt, dass das widersinnig ist.

Ausdrücklich sollen Mädchen bei den Scouts künftig auch Führungsaufgaben übernehmen und zu "Eagle Scouts" werden können, was die höchste Stufe des amerikanischen Pfadfindertums ist. Zu bekannten früheren Eagle Scouts zählen der Astronaut Neil Armstrong, der Regisseur Steven Spielberg oder auch der frühere US-Präsident Gerald Ford, der sagte, seine Zeit bei den Pfadfindern habe ihn zu einem besseren Politiker gemacht.

Zu einigem Verdruss hat die Ankündigung der Boy Scouts of America bei einer Organisation geführt, die ebenfalls in Pfadfinderei macht: Die "Girl Scouts of the USA" fühlen sich überrumpelt. Schon nach der Ankündigung, dass die Cub Scouts von diesem Sommer an Mädchen aufnehmen, hatte Kathy Hannan, Präsidentin der Girl Scouts, gesagt, die Boy Scouts sollten sich doch bitte schön unter den 90 Prozent der amerikanischen Jungs nach neuen Mitgliedern umsehen, die nicht Teil der Vereinigung seien. Es handele sich um eine verdeckte Kampagne, um den Girl Scouts die Mitglieder abzuwerben. Dass diese nun ihrerseits ihren Namen ändern und Jungs aufnehmen, steht bisher nicht zur Debatte.

© SZ vom 05.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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