Ölkatastrophe in der Nordsee:Shell entdeckt zweites Leck

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An der beschädigten Ölplattform des Konzerns Shell in der Nordsee ist ein zweites Leck entdeckt worden. Der Konzern spricht von einer "komplexen Infrastruktur" der Unfallstelle - Umweltschützer gehen angesichts der abwiegelnden Haltung von Shell auf die Barrikaden.

Man arbeite daran, die undichte Stelle zu finden und zu reparieren, heißt es bei Shell: Es ist bereits das zweite Leck, dessen Existenz der Konzern innerhalb weniger Tage einräumen muss, offenbar ebenfalls an oder in der Nähe der Förderplattform Gannet Alpha.

Die schottische Regierung hat dieses Foto des Ölteppichs vor der Küste veröffentlicht: Nun wurde ein weiteres Leck entdeckt. (Foto: dpa)

Und wie beim ersten Vorfall tröpfeln die Informationen spärlich: "Die Infrastruktur unter Wasser ist sehr komplex und das Leck ist an einer komplizierten Stelle mit viel marinem Wachstum", sagte ein Sprecher des britisch-niederländischen Ölriesen. Zur Menge des am zweiten Leck auslaufenden Öls gab es zunächst keine Angaben. Es sei von einem Hubschrauber aus entdeckt worden.

Umweltschützer hatten bereits angesichts des ersten Lecks die Förderung von Öl in der Nordsee und die Informationspolitik von Shell kritisiert .

Nach Angaben der britischen Behörden handelt es sich bereits bei dem ersten Leck um den größten Störfall dieser Art seit mehr als einem Jahrzehnt. Im Jahr 2009 beispielsweise habe die komplette Menge Öl, die in die Nordsee geflossen sei, bei 50,93 Tonnen gelegen. Beim aktuellen Zwischenfall an der Shell-Plattform sollen es mindestens 216 Tonnen Öl sein - nach bisherigen Schätzung.

Das bereits bekannte Loch sei so gut wie gestopft, hieß es von Seiten des Konzerns. Die austretende Menge sei auf zwei Barrel, umgerechnet knapp 320 Liter, pro Tag begrenzt worden.

Die Plattform Gannet Alpha liegt etwa 180 Kilometer vor der schottischen Küste bei Aberdeen. Das Gannet-Ölfeld wurde zu Beginn der 1970er Jahre entdeckt und später erschlossen. Das Wasser ist an dieser Stelle etwa 100 Meter tief, heißt es auf der Homepage des Konzerns. Im Gannet-Ölfeld werden nach einem Bericht des Senders BBC täglich 13.500 Barrel Öl produziert.

Derzeit keine Gefahr für deutsche Küsten

"Wir gehen davon aus, dass das Öl auf natürliche Weise durch die Wellenaktivitäten aufgelöst wird und keinen Strand erreichen wird", erklärte der größte Ölkonzern Europas optimistisch zum ersten Leck. Auch nach Einschätzung des Havariekommandos in Cuxhaven ist es unwahrscheinlich, dass der Ölteppich auf der Nordsee auf die deutsche Küste zutreibt, bislang scheint auch die englische Küste ungefährdet.

Dennoch gehen Umweltschützer angesichts der abwiegelnden Haltung von Shell auf die Barrikaden: Es gebe einen "besorgniserregenden Mangel an Transparenz von Shell", kritisierte Ben Ayliffe von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. "Shell brauchte nach Beginn des Austritts zwei Tage, bevor sie zugaben, dass es ein Leck gibt." In Anbetracht dieses "Fehlens an Offenheit" müsse man die Frage stellen, ob Shell die richtige Art von Konzern für einen Ausbau der Aktivitäten in der sensiblen Arktis sei.

Öl im Wasser ist auch dann eine Gefahr für viele Meerestiere und Vögel, wenn es nicht an Land gespült wird. Umweltorganisationen kritisierten die Förderung von Öl aus der Nordsee allgemein. Diese werde immer schwieriger und gefährde sowohl die Küstengemeinden Schottlands als auch die Wirtschaft, sagte Juliet Swann von der Organisation Friends of the Earth. "Jedes Auslaufen von Öl sollte uns ein Warnzeichen sein, das uns antreibt, eine Zukunft mit sauberen, erneuerbaren Energien anzustreben, statt weiter in schmutziges Öl zu investieren."

© Reuters/dpa/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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