Nordrhein-Westfalen:Mutmaßlicher Angreifer von Düsseldorf ist laut Attest schizophren

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  • Auf einer Pressekonferenz informieren die Ermittler über den Axtangriff auf dem Düsseldorfer Hauptbahnhof.
  • Dabei wurden neun Menschen verletzt, vier von ihnen schwer.
  • Der mutmaßliche Täter war demnach schwer psychisch krank, ein terroristischer Hintergrund wird ausgeschlossen.
  • Der 36-Jährige musste operiert werden und ist noch nicht vernehmungsfähig.

Von Carsten Scheele, Düsseldorf

270 000 Menschen hasten täglich durch den Düsseldorfer Hauptbahnhof, doch an diesem Freitagmorgen ist die Stimmung anders. Nur Gemurmel, kaum laute Gespräche, Rollkoffer klackern, ab und zu eine Lautsprecherdurchsage, die die gedämpfte Atmosphäre zerschneidet. Bewaffnete Polizisten kontrollieren die Lage. Die Eindrücke der schrecklichen Tat vom Vorabend sind frisch, niemand kann verstehen, was passiert ist.

"Warum", fragt eine Passantin, die beim Bäcker steht, direkt an Gleis 13, wo am Abend zuvor verletzte Menschen gelegen hatten: "Warum tut ein Mensch so was?" An die terroristische Gefahr muss man sich auch in Deutschland längst gewöhnen, doch diesmal ist es kein Terrorakt. Nach allem, was bekannt ist, war es die Tat eines psychisch schwer kranken Mannes, der in Wuppertal wohnt. Eine Einzeltat ohne politisch oder religiös motivierten Hintergrund, unvorhersehbar und kaum zu verhindern, ein Amoklauf.

Kurz vor 21 Uhr hatte der 36-Jährige in der eingefahrenen S-Bahn 28 begonnen, beim Aussteigen mit einem Beil auf Mitreisende einzuschlagen. "Wahllos und unerwartet", so der Düsseldorfer Polizeipräsident Norbert Wesseler. Der Mann wurde aus dem Zug gedrängt, woraufhin der Zugführer geistesgegenwärtig die Türen verschloss und damit womöglich weitere Opfer verhinderte. Draußen, an Gleis 13, schlug der Mann weiter um sich, rannte die Treppe runter in die Bahnhofshalle. Insgesamt verletzte er neun Menschen, vier davon schwer, darunter ein 13-jähriges Mädchen sowie zwei Touristinnen aus Italien. Mit seiner Axt flüchtete er schließlich über die Gleise, sprang von einer Bahnbrücke, brach sich bei der Landung mehrere Knochen in beiden Beinen. Dann wurde er gefasst, ins Uniklinikum gebracht. Er sei kaum ansprechbar gewesen, weggetreten, unter Schock.

Wirr, aggressiv, ungepflegt

Zuvor hatte er für gespenstische Momente am Hauptbahnhof gesorgt. Die Zugführer hatten laut gehupt, um den Mann in die Flucht zu treiben, sie übertönten damit kurzzeitig die Schreie der flüchtenden Menschen. Verletzte krümmten sich blutend auf dem Boden, dann kam die Polizei, schwer bewaffnet, Hubschrauber kreisten über dem zweitwichtigsten Bahnhof Nordrhein-Westfalens. Als der Täter über die Gleise zu flüchten versuchte, rannten ihm auch Passanten hinterher. Der Mann habe ihn "an einen Drogenabhängigen erinnert", berichtet ein Augenzeuge, wirr, aggressiv, ungepflegt. Der Bahnhof wurde voll gesperrt, der Zugverkehr für Stunden eingestellt.

Wichtig war am Freitag, dass die Polizei einen terroristischen Hintergrund klar ausschließen konnte. Kurzzeitig kamen Gerüchte auf, wonach sich ein zweiter Täter auf der Flucht befände, diese bestätigten sich nicht. Auf der Pressekonferenz machte die Polizei Andeutungen über die Schwere der psychischen Erkrankung des Täters. Der Mann sei den Behörden bekannt gewesen, jedoch nicht als Gewalttäter. Bei der Durchsuchung der Wohnung seien Medikamente und ein ärztliches Attest gefunden worden, das ihm eine paranoide Schizophrenie bescheinigte. Der Mann wurde am Freitag operiert, die Vernehmung steht noch aus. Die Anklage werde vermutlich auf neunfachen versuchten Totschlag lauten, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Die Menschen in Düsseldorf gingen am Freitag trotzdem zur Arbeit, sie fuhren mit Bahnen und Bussen, auch an Gleis 13, trotz eines mulmigen Gefühls in der Magengegend. Bei aller Normalität, die zurückkehrte, hat sich das Gefühl verstärkt, dass jederzeit und überall etwas passieren kann.

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