Naturkatastrophe:Die Walze

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Ein Inferno, aus dem es zeitweise keine Entrinnen gab: Bei Waldbränden in Portugal sterben mehr als 60 Menschen. Die Ursache der Feuer ist noch unklar.

Von Thomas Urban, Madrid

Es war der drehende Wind, der rund zwei Dutzend Menschen zum Verhängnis wurde. Sie wähnten sich bereits in Sicherheit, in ihren Autos hatten sie die Flucht angetreten vor der Feuerwalze, die sich ihrer Siedlung im zentralportugiesischen Kreis Pedrógão Grande näherte. Doch plötzlich wurde ein Schwelbrand, vom Wind angefacht, zu einer Feuerwand, die den Weg versperrte - es gab kein Vorwärts und kein Zurück mehr. Unter den Toten sind mehrere Kinder. Andere Dorfbewohner verbrannten vor ihren Häusern, die in den Wald gebaut waren, weitere erstickten im Rauch, der sich über die Siedlungen legte. Ihre Dörfer waren von allen Seiten von Feuer eingeschlossen. Mehr als 60 Tote zählten die Behörden am Sonntag.

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(Foto: Patricia de Melo Moreira/AFP)

Zunächst war es nur ein Schwelbrand. Dann drehte sich der Wind und türmte eine Wand aus Feuer auf: Blick auf brennende Wälder in Zentralportugal.

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(Foto: Armando Franca/AP)

In der Nähe von Avelar, südlich von Coimbra, versuchen Feuerwehrleute ein Übergreifen der Flammen auf den Ort zu verhindern.

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(Foto: Patricia de Melo Moreira/AFP)

Ein Feuerwehrmann, insgesamt sind 1500 Personen im Einsatz, ruht sich vor einem Einsatzfahrzeug aus, mit Blick auf ein brennendes Waldstück.

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(Foto: Armando Franca/AP)

Das bergige Gelände erschwert den Bedrohten die Flucht und den Rettungskräften das Vorankommen. Portugal erlebt den verheerendsten Waldbrand seit über 50 Jahren.

Das erste sich schnell verbreitende Feuer war am Samstagnachmittag gemeldet worden. Noch in der Nacht zum Montag waren nicht alle Brandherde unter Kontrolle, mehr als 1500 Feuerwehrleute waren im Einsatz. Die spanischen Nachbarn, die in diesem Sommer bislang von großen Waldbränden verschont geblieben sind, schickten zwei Feuerlöschflugzeuge, aus Frankreich kamen am Sonntag drei Flugzeuge.

Über die Ursache des Großfeuers herrschte zunächst keine Klarheit. Ein Sprecher des Rathauses von Pedrógão Grande vermutete Brandstiftung. In Portugal wie in Spanien ist das Abfackeln von Wäldern ein weitverbreitetes Übel, die Täter wollen damit Bauland schaffen. Allerdings leidet der dünn besiedelte Kreis seit Jahrzehnten unter Landflucht, namentlich die junge Generation hat die Dörfer in der rauen und kargen Bergregion 200 Kilometer nordöstlich von Lissabon verlassen. Auch liegen die Wälder, die nun verbrannt sind, abseits der Touristenwege. Bauspekulation als Motiv für eine Brandstiftung hält auch die Feuerwehr für unwahrscheinlich. Noch wird nicht ausgeschlossen, dass wilden Campern ein Lagerfeuer außer Kontrolle geraten sein könnte. Der Boden in den Wäldern ist zurzeit zundertrocken, Zentralportugal wie auch Zentralspanien erleben den heißesten Sommer seit Jahrzehnten, mit Temperaturen täglich über 40 Grad.

(Foto: SZ-Karte)

Lokale Medien berichteten von elektrostatischen Entladungen während eines im Sommer in der Region nicht seltenen Trockengewitters: Wegen der großen Hitze erreicht der Regen nicht den Boden, sondern verdunstet noch in der Luft. Die Version von Blitzen als Ursache sieht ein Sprecher der Zentralbehörden auch durch Meldungen über vier unterschiedliche Brandherde bestätigt, die innerhalb kürzester Zeit von verschiedenen Punkten eingegangen sind. Die Lösch- und Rettungsarbeiten wurden dadurch erheblich erschwert, dass durch die Gegend vor allem schmale Wege führen, die umgestürzte Bäume an vielen Stellen versperrt haben.

Es ist der verheerendste Waldbrand in Portugal seit einem halben Jahrhundert. Vor 51 Jahren waren bei einem Feuer, das einen Militärstützpunkt in der Region Lissabon eingeschlossen hatte, 25 Soldaten verbrannt.

© SZ vom 19.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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