Nach Bohrinsel-Unglück:USA wollen Öl-Bohrungen aussetzen

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Zuerst die Ursachenforschung, dann neue Genehmigungen: Das Weiße Haus will wegen der Deepwater-Horizon-Katastrophe einen Bohr-Stopp verhängen.

Die Küste der USA steht vor ihrer schlimmsten Katastrophe seit dem Untergang des Tankers Exxon Valdez vor mehr als 20 Jahren vor Alaska. Neun Tage nach der Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon verseuchen schon Millionen Liter Öl den Golf von Mexiko. Erste Schlieren erreichten am Donnerstag die Küste von Louisiana. Rund 1,50 Meter hohe Wellen machten die Versuche zunichte, das Öl mit schwimmenden Barrieren aufzuhalten. Der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, rief den Notstand aus.

Bei Breton Sound Island im Golf von Mexiko: Vögel überfliegen von Öl verseuchtes Wasser. (Foto: Foto: Reuters)

Weil alle Versuche zur Eindämmung gescheitert sind und die beteiligten Unternehmen weiterhin über die Unglücksursache rätseln, denkt nun auch Washington um - das Weiße Haus setzt neue Tiefseebohrungen aus. Die Bohrarbeiten auf neuen Feldern würden erst wieder genehmigt, wenn die Ursache des Unglücks auf der Bohrinsel Deepwater Horizon geklärt sei, sagte Präsidenten-Berater David Axelrod dem Fernsehsender ABC.

Aus Lecks der havarierten Bohrinsel ergießen sich täglich 5000 Barrel Öl ins Meer, fünfmal so viel wie anfangs vermutet. Es entstand ein riesiger Ölteppich, der unaufhaltsam auf die amerikanische Küste zutreibt. Am Freitag befand er sich nur noch rund fünf Kilometer von einem Naturschutzgebiet am Rande des Mississippi-Deltas entfernt, erste Ölklumpen waren bereits zuvor an der Küste angespült worden . Experten zufolge könnte das Öl das komplexe Ökosystem mit vielen beliebten Stränden entlang der Küsten von Louisiana, Mississippi, Alabama und Florida schwer schädigen.

"Das gibt Anlass zu ernster Sorge", sagte David Kennedy von der Ozeanographie- und Wetterbehörde NOAA. "Ich bin schockiert. Das ist eine sehr, sehr große Sache." Hunderte Fisch-, Vogel- und anderen Tierarten sind akut bedroht. Ebenfalls gefährdet sind Austernbänke und die Fanggründe für Krustentiere im Mississippi-Delta. "Seit etwa 30 Minuten können wir es riechen", sagte ein Austernzüchter in der Ortschaft Empire an der Küste von Louisiana. "Jetzt wissen wir, dass es näher kommt und uns hier treffen wird."

Bei den Menschen in Louisiana, die ohnmächtig zusehen müssen, wie der Ölteppich sich ihrer Küste nähert, machte sich das Gefühl breit, dass sie wieder einmal, wie schon beim Hurrikan Katrina 2005, von der Regierung in Washington im Stich gelassen werden.

Präsident Barack Obama entsandte einige Kabinettsmitglieder, die sich mit der Krise befassen sollen. Obama erhöhte auch den Druck auf den Mineralölkonzern BP. Er betonte, dass BP für die Bekämpfung des Ölteppichs zur Kasse gebeten werde.

Der britische Ölkonzern bat das Verteidigungsministerium seinerseits um technische Unterstützung bei der Bekämpfung der Ölpest. Trotz größter Sicherheitsvorkehrungen scheinen alle beteiligten Parteien nicht mehr daran zu glauben, eine massive Verseuchung der Küste verhindern oder die drei Lecks an der Bohrstelle schnell schließen zu können. Die Kosten für die Beseitigung der Öl-Pest will BP übernehmen. Firmenchef Tony Hayward sagte, BP übernehme die volle Verantwortung und werde die Folgen des Öl-Teppichs beseitigen. Die durch die Havarie verursachte Umwelt-Katastrophe könne auch die Pläne des Konzerns für neue Bohrvorhaben vor der US-Küste beeinträchtigen.

Wegen der Ölpest büßte BP bislang rund 26 Milliarden Dollar an Börsenwert ein. Am Donnerstag setzte der BP-Kurs seine Talfahrt der vergangenen Tage fort und verlor weitere 8,4 Prozent. Die Firma Transocean, von der BP die Bohrinsel Deepwater Horizon gemietet hatte, verlor seit der Explosion rund 4,27 Milliarden Dollar an Börsenwert. Ein Barrel Öl der Nordsee-Sorte Brent kostete dagegen nach Gewinnen in den Vortagen erneut mehr und notierte am Mittag bei 88,36 US-Dollar

Die Bohrinsel Deepwater Horizon war vergangene Woche gesunken, nachdem sie zwei Tage zuvor durch eine Explosion in Brand geraten war. Die meisten Arbeiter konnten sich in Sicherheit bringen, elf wurden jedoch weiter vermisst. Sie dürften das Unglück nicht überlebt haben.

© AP/Reuters/dpa/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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