Rettungsaktion:Spezialisten für Engstellen und miserable Sicht

Lesezeit: 2 min

Viele Höhlenforscher verdanken ihnen ihr Leben: John Volanthen (zweiter von links) und Richard Stanton (rechts). (Foto: Lillian Suwanrumpha/afp)

Zwei britische Extremtaucher versuchen, die in einer thailändischen Höhle gefangenen Jugendlichen ins Freie zu lotsen.

Von Arne Perras, Singapur

Die rettende Stimme klang für die thailändischen Jungs nicht vertraut. Der Mann, der plötzlich vor ihnen aus der schlammigen Flut auftauchte, sprach Englisch. Als er wissen wollte, wie viele Kinder sich auf dem lehmigen Hügel, vier Kilometer weit im Innern der Höhle, zusammenkauerten, antworteten sie ihm dennoch prompt. Und der Taucher wiederholte voller Freude: "13? Brillant!"

Die Stimme gehörte zum britischen Taucher John Volanthen, zu hören ist er im ersten Video, das die Kinder im Inneren der Höhle Tham Luang zeigt. Der Moment der Entdeckung. Keiner der Vermissten fehlte, alle zwölf Jugendlichen und der Betreuer waren am Leben.

Medizin
:Wenn die Angst hochkommt

Die zwölf eingeschlossenen Jugendlichen in einer thailändischen Höhle müssen sich wenig Sorgen um körperliche Schäden machen. Um seelische hingegen schon.

Von Felix Hütten

Die Worte des Briten stehen jetzt für die Zuversicht, dass alles doch noch gut wird, dass sie alle auch heil rauskommen können aus den überfluteten Kammern von Tham Luang. Sicher ist das nicht, die Kinder sind immer noch vielen Gefahren ausgesetzt. Umso mehr sind sie nun auf den Beistand der Spezialisten angewiesen. Und die Rettungsmannschaften können Männer wie Volanthen und seinen Partner Richard Stanton bestens gebrauchen. Die beiden Briten verstärken als Freiwillige eine Gruppe thailändischer Marinetaucher der Elitetruppe Navy Seals. An jenem Montag tauchten sie an der Spitze des Vorauskommandos und waren damit die ersten, die auf die eingeschlossene Fußballmannschaft stießen.

Nicht immer gelingt es, Leben zu retten

Stanton stammt aus Coventry und arbeitete früher als Feuerwehrmann, Volanthen ist IT-Ingenieur in Bristol, beide zählen weltweit zu den erfahrensten Tauchern für komplizierte Einsätze wie diesen. Nicht immer gelingt es, Leben zu retten, wie ein Einsatz 2010 in der französischen Ardèche zeigte. Damals suchten die Briten tagelang nach dem erfahrenen Taucher Éric Establie, doch sie kamen zu spät, er war durch eine Sandlawine eingeklemmt worden und konnte nur noch tot geborgen werden.

Der Inhalt konnte nicht geladen werden.

Das Höhlentauchen zählt zu den gefährlichsten Unternehmungen, die man als Forscher oder Sportler wagen kann, immer wieder geraten Leute in den finsteren Gängen in Not. Und eine ganze Reihe dieser Höhlenforscher verdanken diesen beiden Briten ihr Leben. Stanton, Mitte fünfzig, nennt das Tauchen dennoch sehr bescheiden "sein Hobby". Die Queen ehrte ihn 2012 mit einem Verdienstorden.

Stanton und Volanthen sind Spezialisten für engste Passagen bei miserabler Sicht, doch die Verhältnisse in der Höhle Tham Luang sind selbst für Taucher mit ihrer Expertise "krass", wie die beiden in einer E-Mail an einen Kameraden schrieben. Eineinhalb Kilometer mussten sie zu den Jungen tauchen, sie brauchten hin und zurück etwa drei Stunden.

Adrenalin ist beim Höhlentauchen unnützlich

Am schwierigsten sind jene Höhlen, die kaum erforscht sind, "man weiß nie, was hinter der nächsten Ecke kommt", sagt Stanton. Fitness ist wichtig, Volanthen läuft Marathon und Ultramarathon, als Grund führt er jedoch nicht an, dass er sich für seine Tauchgänge fit halten wolle, sondern allein den Umstand, dass er danach umso mehr Kekse essen könne.

Für Scherze bleibt ihm jetzt wenig Zeit, der Einsatz in Thailand dürfte zu den härtesten zählen, die sie durchgezogen haben. Volanthen weiß, was dafür besonders wichtig ist: der kühle Kopf. Adrenalin mag in vielen Situationen nützlich sein, hat er mal in einem Interview gesagt. "Aber nicht beim Höhlentauchen." Tatsächlich sei ein Adrenalinkick das Allerletzte, was er dort in der Tiefe brauchen könne.

© SZ vom 05.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Eingeschlossene Fußballmannschaft
:Komplizierte Befreiung aus der Tiefe des Berges

Seit eineinhalb Wochen schon müssen zwölf Jungen und ihr Fußballtrainer in einer überfluteten Höhle in Thailand ausharren. Jede Methode, sie zu befreien, birgt enorme Risiken.

Von Arne Perras

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: